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Platzt der Traum vom Fliegen?

Vom Flugplatz Schwarze Heide aus beobachtet man sorgenvoll, was sich in Sachen Bürgerentscheid der Initiative „Zukunft Flugplatz Schwarze Heide“ tut

Knapp verfehlt hat die Initiative „Zukunft Flugplatz Schwarze Heide“ ihr Ziel. 4.800 Unterschriften wollte sie bis zum 24. Februar zusammentragen. „Das haben wir nicht ganz geschafft“, sagt Martin Kleinschnieder. 4.700 waren es zu diesem Zeitpunkt. Damit steht fest, der Bürgerentscheid findet nicht parallel zur Kommunalwahl im Mai statt, ganz vom Tisch ist dieser aber nicht.

Denn die Unterschriftenaktion geht weiter. „Bis Ende März wollen wir mindestens 5.500 Stimmen zusammenbekommen“, sagt Michael Gerber von der DKP.  Man möchte dabei auf Nummer Sicher gehen, schließlich wird jede Stimme auf ihre Richtigkeit geprüft. Warum das gewünschte Ergebnis so knapp verfehlt wurde, dazu haben die Beteiligten eine klare Meinung. „Die Unterschriftenaktion lief schleppend an. Schließlich konnten wir erst Mitte Januar beginnen, weil uns erst dann die Kosteneinschätzung der Stadt vorlag, die wir schon für Anfang Januar erwartet hatten", sagt Michael Gerber. Man sei angesichts dieser Situation mit dem bisherigen Ergebnis sehr zufrieden. „Zudem kommen wir bei dem Sammeln von Unterschriften immer wieder mit Bürgern ins Gespräch, bekommen viel Zustimmung“, heißt es in eigenen Aussagen.
 

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Walter Extra produziert am Standort Schwarze Heide Flugzeuge, die er an Kunden in die ganze Welt verkauft.
Foto: Jana Golus

Flugsportgemeinschaft sieht Bürgerentscheid mit Unbehagen

Eine Insolvenz der Flugplatzgesellschaft ist zwar nicht Ziel der Initiative, wird aber nach eigenen Aussagen in Kauf genommen. Doch eine mögliche Insolvenz der Flugplatzgesellschaft mag sich die Flug-sportgemeinschaft Schwarze Heide e.V. nicht ausmalen. Mit großen Bedenken verfolgt man hier die Vorbereitungen für den Bürgerentscheid. Denn eine Insolvenz bedeutet auch für die Vereine das Aus. „Wer die Insolvenz des Flugplatzes duldet, der nimmt auch die Pleite der Flugsportgemeinschaft in Kauf“, heißt es von Seiten der Vereinsspitze. Eine Gemeinschaft, die auch Landesleistungszentrum für Segelflug in NRW ist, die zahlreiche Deutsche-, Europa- und Weltmeister hervorgebracht hat und aus deren Reihen immer wieder junge Leute hervorgehen, die ihren Beruf in allen Bereichen der Luftfahrt finden.

Gleich sechs Vereine haben sich unter dem Dach der Flugsportgemeinschaft Schwarze Heide e.V. zusammengeschlossen. Der Fliegerclub Gladbeck-Kirchhellen, der Luftsportverein Dinslaken, der Luftfahrtverein Bottrop, die Gemeinschaft für Flugsport, der Flugsportverein Gladbeck und der Flugsportverein Oberhausen. Rund 500 Mitglieder zählt der Verein, der außerdem sehr aktiv in der Jugendarbeit tätig ist. „Rund 80 Jugendliche gehören zu unserem Verein, viele von ihnen haben eine eigene Fluglizenz, sind in Sportkadern vereint und dort äußerst erfolgreich“, sagt Kai Jordan, Jugendvertreter des Vereins.

Gemeinsam haben die Vereine im Jahr 2000 tief in die Tasche gegriffen und eine neue Halle für ihre Flugzeuge gebaut. „Wir waren vorher in den Hallen direkt auf dem Flugplatzgelände angesiedelt, doch als der Platz knapp, die Nachfrage größer und die Mieten damit höher wurden, haben wir uns entschlossen, direkt angrenzend an den Flugplatz unsere eigene Halle samt Vereinsräumen zu bauen“, sagt Veit Zierhut vom Vorstand der Flugsportgemeinschaft. „Somit hatten wir für die Zukunft Planungssicherheit.“ Rund 600.000 Euro hat der Hallenbau gekostet. Hier sind nun die Sportflugzeuge der Vereine untergebracht, vom Segelflieger über die Startwinden bis zum Motorflugzeug. „Die Halle ist in sechs Teile unterteilt, so dass jeder Verein seinen eigenen Bereich hat. Und jeder Verein muss natürlich auch den Kredit bedienen.“ Nach Abzug von Fördermitteln, die in den Bau geflossen sind,  musste jeder Verein noch rund  50.000 Euro aufbringen, die zum Teil auch heute noch zurückgezahlt werden. „Fest steht, wenn die Flugplatzgesellschaft und damit der Flughafen insolvent geht, dann sind auch wir pleite.“
 

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Knapp daneben – rund 100 Unterschriften fehlten der Bür­gerinitiative für die Abstimmung im Mai, nun wir sie vertagt.
Foto: Gabriele Knafla

Denn die Kredite werden nicht nur durch Mitgliederbeiträge bedient, sondern auch durch die Fluggebühren, die die Mitglieder für die Nutzung der Vereinsflugzeuge bezahlen. „Ohne den Flugplatz kann der Verein nicht existieren“, sagt der Geschäftsführer Klaus Berger. So nutzen die Segelflieger die Grasfläche hinter der Start- und Landebahn, die motorisierten Maschinen starten auf der Asphaltbahn. In die Quere komme man sich dabei nicht. Ganz im Gegenteil. Anders sehe das aus, wenn ein privater Investor den Flugplatz übernehmen sollte. „Dann haben wir ein riesiges Problem“, sagt Veit Zierhut. Denn wer einen Flugplatz kostendeckend betreiben will, der muss an der Kostenschraube drehen. Ob die Start- und Landegebühren dann noch finanzierbar wären?

Die Insolvenz und die damit drohende Schließung des Flugplatzes wäre auch aus anderer Sicht eine bittere Pille für die Flieger. War es doch damals die Segelflugriege, die den Grundstein für den heutigen Flugplatz gelegt hat. In den Räumen des Vereins macht man sich daher so seine Gedanken und hofft, dass beim Bürgerentscheid für eine weitere finanzielle Unterstützung der Stadt gestimmt wird.

Keine Planungssicherheit für Investoren

Nur wenige Meter Luftlinie entfernt von der Flugsportgemeinschaft sitzt das Unternehmen von Walter Extra. Er hat am Standort Schwarze Heide die größte Firma, beschäftigt 70 Mitarbeiter. Seine Flugzeuge werden in die ganze Welt verkauft. Und auch Walter Extra kann das Vorgehen der Bürgerbewegung nicht verstehen. „Die ganze Diskussion orientiert sich meiner Meinung nach an der Kommunalwahl. Es wird versucht, ein hoch komplexes Thema so runter zu brechen, dass man zu einer scheinbar logischen Aussage kommt, um Aufmerksamkeit zu wecken und politische Ziele zu verfolgen“, sagt Walter Extra im Gespräch mit LebensArt. Der Unternehmer ist seit Jahren mit seiner Flugzeugproduktion vor Ort, weiß vor allem die Lage des Flugplatzes zu schätzen.
 

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Die Flugsportgesellschaft Schwarze Heide e.V. ist mit rund 500 Mitgliedern am Flugplatz aktiv.
Foto: Gabriele Knafla

„Zu sagen, eine Insolvenz der Flugplatzgesellschaft hätte keine Folgen, ist schlichtweg falsch. Denn bei einer Insolvenz würden Bürgschaften fällig. Ebenso wäre die Bestandssicherheit hiesiger Unternehmen gefährdet.“ Für ihn persönlich hieße eine Insolvenz des Flugplatzes, dass er sofort laufende Entwicklungsprozesse seiner Firma einstellen würde. „Ich werde dann meine Konsequenzen daraus ziehen“, sagt Walter Extra. Und er weiß nur zu genau, wovon er spricht. „Es gab eine Zeit, da stand ich selbst vor der privaten Insolvenz. Die Geschäfte liefen eigentlich gut, aber leider wurden Aufträge nicht bezahlt. Ich kann Ihnen sagen, eine Insolvenz, das wünsche ich keinem.“

Zudem kann der Unternehmer die Argumente der Gruppierung „Zukunft Schwarze Heide“ nicht nachvollziehen. „Ich zahle rund 180.000 Euro jedes Jahr an die Stadt Bottrop für Erbpacht, Lohnsteuer und Arbeitgeberabgaben. Auch wenn der Firmensitz in Hünxe liegt, so profitiert Bottrop doch auch. Aber eben nur so lange, wie die Firma ihrem Geschäft nachgeht. Ohne Zuschüsse können auch keine Einnahmen erwartet werden.“ Mit den 180.000 Euro liegt er dabei schon über den 138.000 Euro, mit denen die Stadt Bottrop als Gesellschafter den Flugplatz bezuschusst. „Das Argument der Bürgerbewegung kann ich daher nicht verstehen.“

Um den Flugplatz in seiner derzeitigen Ausstattung und Situation wirtschaftlich rentabler zu machen, hat Walter Extra gleich einige Ideen. „Die Landegebühren könnten erhöht werden. Zudem sollte es wieder Flugveranstaltungen geben, das könnte ebenfalls Geld in die Kasse spülen.“ Das zu erschließende Gewerbegebiet sieht Walter Extra zusätzlich als große Chance. „Es gibt eine Reihe an Interessenten, mit denen ich selbst in Kontakt stehe. Doch diese benötigen für ihre Planung natürlich einen verlässlichen Bebauungsplan.“

Gleichzeitig fordert Walter Extra eine weitere Qualifikation des Flugplatzes im Hinblick auf das Anflugverfahren. Dadurch ergebe sich eine Planungssicherheit für alle Flieger. „Dabei geht es vor allem um das Schlecht-Wetter-Anflugverfahren.“ Selbst bei tiefen Wolken oder schlechteren Wetterverhältnissen wäre eine Landung dann möglich. Der heutige Stand lässt bei einigen Wetterbedingungen nämlich keine Landung zu. Momentan wird der Flug am Flugplatz Schwarze Heide als Sichtflug beendet, so dass Flugzeuge bei schlechter Sicht auf andere Verkehrslandeplätze ausweichen müssen. Um das Anflugverfahren zu ändern, müsste die Bundesanstalt für Flugsicherung dieses definieren und in das allgemeingültige Kartenwerk für den Flugverkehr aufnehmen. „Das wäre keine wesentliche Investition, hätte aber eine hohen Nutzen.“
 

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2003 wurde die neue Halle des Flugsportvereins eingeweiht. Abbezahlt sind die Baukredite noch lange nicht.
Foto: Gabriele Knafla

„Ich bin an einer Übernahme nicht interessiert“

Auf die Frage, ob er sich nicht selbst vorstellen könnte, den Flugplatz zu übernehmen, sagt Walter Extra: „Ich bin nicht interessiert. Ich erwarte, dass die Region mir die Infrastruktur für mein Unternehmen zur Verfügung stellt.“ Schließlich würden Speditionen ja auch keine Autobahnen kaufen, um ihre Waren von A nach B zu transportieren. „Und um das ganz deutlich zu sagen, wenn ein Investor käme, der den Flugplatz übernehmen wollte, dann hätte dieser garantiert eigene Interessen, die nichts mit den Interessen der hiesigen Unternehmen und Vereine zu tun haben. Oder aber, er hätte keine Ahnung.“

Walter Extra lässt sich von den derzeitigen Diskussionen jedenfalls nicht aus der Ruhe bringen und arbeitet an neuen Projekten. Dazu möchte er sich auch personell breiter aufstellen. Wenn er es denn am Standort Schwarze Heide auch weiterhin kann.

Bürgerentscheid nun im Juni?

Am 8. April wird nun der Rat der Stadt dem Bürgerentscheid beitreten und damit den Forderungen Recht geben oder eben den Weg zur Abstimmung freigeben. Diese soll dann nun am 29. Juni stattfinden. Soweit bis dahin alle nötigen Stimmen vorliegen. Wie es dann weitergeht, so genau weiß das niemand. „Die heraufbeschworene Insolvenz sehen wir nicht zwingend gegeben“, sagt Markus Stamm von der ödp. Es müssten Einsparpotenziale gefunden werden, um den Flugplatz trotz des geringeren Zuschusses weiter aufrecht zu erhalten. „Wir stecken da zu wenig drin, um zu beurteilen, wo das Geld reinfließt und wo gespart werden kann“, sagt Martin Kleinschnieder von der Bürgerinitiative.

Da stellt sich die Frage, wer denn nun eigentlich genau weiß, was passiert, wenn weniger Geld in den Flugplatz geschossen wird. Welche Auswirkungen das auf Arbeitsplätze, die Wirtschaft und den Flugplatz als solchen hätte und was eine Insolvenz letztlich in aller Konsequenz bedeuten würde? Fest steht nur eines, das Thema Flugplatz wird ein Thema des kommenden Kommunalwahlkampfs sein. gk

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