Foto: Gabriele Schulte-Kemper

Ein Ort der Stille und der Trauer

Viele Angehörige besuchen an den Feiertagen im November die Gräber ihrer Verstorbenen – Der Friedhof ist für viele ein Ort, um ihre Trauer zu verarbeiten

Gladbeck - Es ist die Zeit der Stille, die nun beginnt. Eine Zeit, in der es sich viele lieber zu Hause gemütlich machen, als draußen durch das trübe Novemberwetter zu laufen. Es ist aber auch die Zeit, in der man den Verstorbenen gedenkt. „Nicht nur zu Allerheiligen zieht es in dieser Zeit viele Menschen auf den Friedhof“, weiß Friedhofsmeister Klaus Schwartz. Er kümmert sich mit seinem 20-köpfigen Team um den Erhalt und die Pflege der Gladbecker Friedhöfe. Insgesamt sind es drei. Hinzu kommt der katholische Friedhof der Gemeinde St. Lamberti. „Der wird aber von der Gemeinde bewirtschaftet“, sagt Klaus Schwartz.
 

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Friedhofsmeister Klaus Schwartz hat das sogenannte „Gladbecker Modell“, eine Form von Gemeinschaftsgräbern, mitentwickelt.
Foto: Gabriele Schulte-Kemper

Gerade jetzt im Herbst und kurz vor dem Allerheiligen-Tag hat das Team von Klaus Schwartz einiges zu tun. „Wir sind ja nicht nur dafür zuständig, dass die Beerdigungen hier stattfinden, sondern auch für die Pflege der Grünflächen, der Wege, aber auch der Kriegsgräber und natürlich haben wir auch im Blick, wenn Gräber nicht mehr gepflegt werden“, sagt der Friedhofsmeister und weiß von wahren Odysseen zu berichten. „Bis Sie manches Mal die Angehörigen von verlassenen Grabstätten ausfindig gemacht haben, vergehen oft Wochen oder Monate und Briefwechsel durch ganz Deutschland.“ Sind keine Angehörigen zu finden, wird die Grabstätte im Amtsblatt veröffentlicht. Erst wenn sich auch dann niemand meldet, kann das Grab eingeebnet werden.

„Es ist wirklich ein Problem mit den Einzelgräbern. Vielen Angehörigen fehlt die Zeit, diese zu pflegen oder sie sind alleine und krank und können sich nicht kümmern. Immer häufiger ist es aber so, dass Kinder oder Kindeskinder gar nicht mehr vor Ort leben und sich kümmern können.“ Daher hat die Stadt in den 1990-er Jahren eine besondere Form der Grabstätten geschaffen, die über die Region hinaus auch bekannt ist als „Gladbecker Modell“. „Dabei handelt es sich um Gemeinschaftsgräber mit Grabmal“, erklärt Klaus Schwartz. Anders als bei der anonymen Bestattung, bei der anschließend nur eine Grünfläche als Ort der Erinnerung bliebt, handelt es sich bei den Gemeinschaftsgräbern mit Grabmal um Reihengräber, die gleich angeordnet sind und über ein festgelegtes Grabmal verfügen. „Jeder Angehörige kann hier eine Kerze aufstellen oder auch eine Vase mit Blumen oder eine Pflanzschale. Es gelten aber bestimmte Formen, denn die Gräber werden von uns gepflegt.“ Etwa 3.500 Euro kostet ein solches Grab für 25 Jahre. „Viele entscheiden sich schon zu Lebzeiten dafür, weil sie Ihren Angehörigen keine Arbeit hinterlassen wollen.“ Ungepflegte und verwahrloste Gräber sieht man so auf den Gladbecker Friedhöfen immer weniger. Traurig ist allerdings der Anblick von zerstörten Grableuchten oder geklauten Buchstaben von Grabsteinen. „Leider kommt es immer wieder zu Metall-Diebstählen“, sagt Klaus Schwartz. Im Visier der Diebe: Messing, Kupfer, Bronze – eben alles Metalle, die Geld bringen. „Das ist in den letzten Jahren ein wirkliches Problem geworden.“ Und längst kein Kinderstreich mehr, sondern eine Straftat. „Betroffene Angehörige sollten stets Anzeige erstatten, denn das ist nicht nur Diebstahl, sondern auch Störung der Totenruhe.“ Für die Angehörigen ist der Vandalismus unbegreiflich. Wer zum Niederlegen von Blumen kommt und ein zerstörtes Grab vorfindet ist schockiert und fassungslos. Viele stellen seither nur noch einfache Grableuchten auf oder verzichten gar ganz darauf.
 

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1.342 Kriegsgräber befinden sich auf den städtischen Friedhöfen in Gladbeck.
Foto: Gabriele Schulte-Kemper

Zu Allerheiligen und dem Volkstrauertag wird nun aber nicht nur an verwandte oder bekannte Verstorbene gedacht, sondern auch an die Opfer der beiden Weltkriege. 1.342 Kriegsgrabstätten finden sich in Gladbeck. Darunter sowohl Zivil- als auch Bombenopfer ebenso wie Soldaten, die im Ersten oder Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Ebenfalls auf dem zentralen Friedhof integriert sind 20 jüdische Gräber. „Um den jüdischen Teil des Friedhofs kümmert sich die jüdische Gemeinde.“ Statt Blumen werden hier Kieselsteine auf die Grabsteine gelegt. Diese haben mehrere Bedeutungen. Die Steine symbolisieren unter anderem Beständigkeit und Unvergänglichkeit, sind aber auch Zeichen des Grabbesuchs, Ausdruck von Schmerz und ein Symbol des Weiterbauens am Lebenswerk des Verstorbenen. Denn ein jüdischer Friedhof ist ein „Haus der Ewigkeit“, ein „guter Ort“. Ein jüdisches Grab ist für die Ewigkeit gedacht, es wird niemals aufgelöst und nicht neu belegt.

Was für die jüdischen Glaubensanhänger die Steine, dass sind für manch anderen heute kleine Engel, Herzen, ja sogar Windräder aus Plastik und vieles mehr. Das sieht Klaus Schwartz mit seinem Team ungern. „Kunststoff gehört eigentlich nicht auf den Friedhof“, sagt Klaus Schwartz und hofft dabei auf das Verständnis der Angehörigen. Worüber aber auch er sich freut, wenn zu Allerheiligen wieder zahlreiche Kerzen auf den Gräbern brennen. gsk

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