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Von einer, die auszog... Eine ethnologische Erzählung aus dem Land der Hopi-Indianer

Eine Kirchhellener Forscherin lebte ein halbes Jahr zusammen mit Indianern in Arizona

Kirchhellen - Die gebürtige Kirchhellenerin Gisela Stappert arbeitet als Ethnologin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Sechs Monate lang lebte sie für ein Forschungsprojekt zusammen mit Hopi-Indianern auf dem Colorado-Plateau im Südwesten der USA. Über ihre  Erfahrung mit der fremden Kultur hat sie ein Buch verfasst – nicht das erste, aber mit Abstand das persönlichste.

Was wollten Sie bei den Hopi-Indianern in Arizona erforschen?
Schon immer habe ich mich für fremde Kulturen interessiert, besonders für die Indianer in Nordamerika. Ich wollte durch Beobachtungen und Interviews das Thema „Kunst und Geschlecht“ erforschen. Die Hopi-Indianer sind eine der wohl eindrucksvollsten indianischen Kulturen Nordamerikas, da es ihnen gelungen ist, zahlreiche Traditionen bis heute aufrechtzuhalten. Ich habe mich vor allem für das traditionelle Kunsthandwerk, die Agrarkultur und das Frauenbild interessiert, denn diese nehmen bei den Hopi in vielen Bereichen eine vorrangige Stellung ein.
 

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Die Ethnologien Gisela Stappert in der Wüste von Arizona.
Foto: Privat

Wie war die erste Begegnung mit dem Stamm?
Ich kam mitten in der Nacht in einem Dorf der Hopi an. Es hat geregnet und gestürmt. Das war sehr untypisch für die Wüste von Arizona. Doch für die Hopi-Indianer, so habe ich später erfahren, war das ein positives Zeichen. Die Regengeister seien mir wohl gut gesonnen, hieß es. Als Erstes wurde ich im Dorf von der Besitzerin des Trailers (eine Art Wohnwagen), in dem ich die nächste Monate leben sollte, freundlich begrüßt. Ich holte mein Gepäck aus meinem Auto und bezog meine neue Unterkunft. Am nächsten Morgen begann ich die Umgebung zu erkunden, stellte mich beim Kulturbüro des Stammes offiziell vor und erklärte mein Vorhaben. Insgesamt begegneten mir die Indianer freundlich, wenn auch anfangs eher zurückhaltend.

Wie sah das Leben der Hopi-Indianer aus?  
Es ist nicht das typische Indianerbild, das wir aus Filmen kennen. In den USA gibt es noch über 1.000 verschiedene Indianerstämme mit einer jeweils eigenen Geschichte und Kultur. So bauen die Hopi seit über 2000 Jahren Mais, Bohnen, Kürbisse und Sonnenblumen an. Sie leben auch nicht in Zelten, sondern in Häusern aus Stein. Ihre insgesamt 12 Dörfer befinden sich auf dem circa 2000 Meter hoch gelegenen Colorado-Plateau im Nordosten Arizonas. Sie haben Autos, Telefone und oft auch Internet und sind trotzdem sehr traditionsbewusst. Obwohl sie allgemein als nicht gerade forschungsoffen gelten, habe ich sie als sehr offenherzig und aufgeschlossen erlebt, gerade mir gegenüber als Frau, solange ich gewisse Regeln eingehalten habe.
 

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Foto: Julian Schäpertöns

Was für Regeln?
Ich durfte nicht über religiöse Rituale forschen, obwohl das sehr interessant gewesen wäre. Man riet mir, ein Höchstmaß an Zurückhaltung gegenüber den privaten Räumlichkeiten, Opferstätten und Zeremonien aufzubringen. Auch Fotos durfte ich keine machen. Ich musste lernen, einfach nur passiv zu beobachten und brauchte in manchen Situationen viel Fingerspitzengefühl, um durch mein Verhalten nicht in Fettnäpfchen zu treten.

Was hat Ihnen bei Ihren Forschungen geholfen?

Manches bei den Hopi-Indianern hat mich an mein Leben in Kirchhellen erinnert,  schließlich waren mir dörfliche Strukturen ja nicht fremd. So lieben auch die Hopi Klatsch und Tratsch, sind wie die Kirchhellener traditionsbewusst und offenherzig. Das menschliche Miteinander erinnerte mich tatsächlich manchmal stark an meine Heimat Des Weiteren war ich gut vorbereitet auf meine Forschung vor Ort und ich hatte den Vorteil, dass ich als Nicht-Amerikanerin weniger Vorbehalten begegnete.

Was nehmen Sie persönlich mit nach diesen sechs Monaten?
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen jede Menge Lebenserfahrung. Ich konnte viel lernen in dieser Zeit. Auch die Gelassenheit habe ich ein Stück mit nach Deutschland genommen. Bei den Hopi-Indianern ticken die Uhren etwas langsamer.

Vielen Dank für das Gespräch!


Das Buch „Waynim‘Mana oder Die umherschweifende Frau – Eine ethnologische Erzählung aus dem Land der Hopi-Indianer“ ist in diesem Jahr in zweiter Auflage erschienen. Zu erwerben gibt es das Buch für 12,50 Euro in der Humboldt Buchhandlung Kirchhellen.

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