Gladbeck
Foto von links: Marie Luise Schulte im Walde (Referentin), Gabriele Buchholz (Caritas Abteilung “Senioren”), Handan Subasi (stellvertretende Pflegedienstleitung) und Kerstin Silver (Referentin).Foto: Nicole Gruschinski

Sich selbst nicht verlieren

Gesprächskreis Demenz bietet Hilfestellung für die pflegenden Angehörigen von Menschen mit Demenz

Gladbeck -

Demenz ist ein Thema, mit das man sich nur ungern beschäftigt, doch diese Erkrankung nimmt immer weiter zu. Demenz hat dabei unterschiedliche Formen und ist nicht bei jedem Betroffenen gleich. Wichtig ist es, sich schon im Vorfeld mit dem Thema auseinanderzusetzen, um im Fall der Fälle gewappnet zu sein und den pflegenden Angehörigen Entscheidungen zu erleichtern.

„Gesprächskreis Demenz“

Menschen mit Demenz verändern sich. „Demenz ist eine Krankheit, die den geliebten Menschen verändert“, sagt Gabriele Buchholz, Leitung des Gesprächskreises. Anfangs ist es nur ein schleichender Prozess, doch irgendwann erkennt man seinen Partner nicht mehr und man „denkt an Scheidung“, so eine Teilnehmerin des „Gesprächskreis Demenz“. Bis ein Arzt oder, wie im diesem Fall Gabriele Buchholz von der Caritas, in einem persönlichen Gespräch die wahre Ursache für die Persönlichkeitsveränderungen erkennen, dauert es oft. Mit der Diagnose kommt eine Zeit voller Aufopferung auf die pflegenden Angehörigen zu, häufig bis an die Grenze der eigenen Belastung.

Hier versucht der „Gesprächskreis Demenz“ Hilfe anzubieten, ein Angebot der Pflegekasse BARMER Bottrop-Gladbeck in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband Gladbeck e.V.. "Ich hatte das Gefühl, es seien 40.000 Menschen im Stadion und nur ich habe den Ball vor den Kopf bekommen", beschreibt eine Teilnehmerin ihre Situation. Dieses Gefühl, alleine zu sein, teilt sie mit vielen Angehörigen an Demenz  erkrankter Menschen. "Diese Krankheit ist immer noch ein Tabuthema", sagt Gabriele Buchholz. Sie ist die zuständige Ansprechpartnerin im Caritasverband. "Man kann sich auch schwer vorstellen, welche Situationen im Alltag mit einem demenziell Erkrankten entstehen, wenn man sie nicht selbst erlebt."

Verständnis und Hilfe

"Um mit der Situation umgehen zu können, braucht man Hilfe, Unterstützung und Anregung", sagt Marie-Luise Schulte im Walde. Die Diplom Sozialpädagogin leitet bereits seit 2006 die Gesprächskreise gemeinsam mit Gabriele Buchholz. Dabei ist nicht nur Hilfe hinsichtlich Beratung in Sachen Gelder, Anträge, Pflegeleistungen und -grade sowie Entlastungsmöglichkeiten gemeint, sondern auch Hilfe, bei den Herausforderungen des Alltags, in dem sich die pflegenden Angehörigen oft allein fühlen. Doch im Gesprächskreis mit anderen Betroffenen merken sie, dass sie verstanden werden und Rat bekommen, auch um sich selbst nicht zu vergessen, im Alltag und der Pflege ihrer erkrankten Angehörigen. „Ich kann noch, ich mach noch“, ein Satz, den Gabriele Buchholz schon häufig gehört hat. Ein Teufelskreis, aus dem sie ohne Hilfe nicht aussteigen können. Denn nur wenn es den pflegenden Angehörigen, meist die Ehepartner, gut geht, kann es auch den erkrankten Betroffenen gut gehen. Doch „nur circa 20 Prozent  aller pflegenden Angehörigen greift auf Hilfe von außerhalb zurück“, schätzt Gabriele Buchholz.

"Das schlechte Gewissen ist auch ein ständiger Begleiter", sagt Beate Werther, die ihren Mann pflegte, bis eine stationäre Aufnahme unabwendbar war. Das führte bei ihr zu einem Krankenhausaufenthalt, völlig  erschöpft, von der intensiven Pflege ihres Mannes. Doch seitdem sie ihn, schweren Herzens, in eine Pflegeeinrichtung gab, geht es ihr besser. Auch das Verhältnis zu ihrem Mann ist wieder einfacher und „ich kann seit vier Jahren endlich wieder nachts schlafen.“ So wie ihr geht es vielen Betroffenen, denn die häusliche Pflege ist ein 24-Stunden Einsatz, oft bis an die eigene Belastungsgrenze. "Ganz wichtig ist auch, die Situation offen zu benennen", rät Marie Luise Schulte im Walde. "Sonst macht man es sich schwerer, als es ohnehin schon ist." Schwer ist dabei nicht nur die körperliche Arbeit der Pflege und Betreuung rund um die Uhr, sondern dazu kommt oft noch das schlechte Gewissen. „Der Gesprächskreis hat mir wirklich geholfen,“ sagt eine Teilnehmerin. „Man fühlt sich nicht so gottverdammt alleine.“

Schlechtes Gewissen

Gut 70 Prozent der pflegenden Angehörigen sind selbst in psychologischer Betreuung. "Manche pflegen bis zur Erschöpfungsdepression. Dabei ist niemandem geholfen. Nur, wenn es dem Pflegenden gut geht, wird es auch dem Erkrankten gut gehen" , rät Gabriele Buchholz. Deshalb ist es wichtig, immer einen Plan B in der Tasche zu haben, um auch mal Auszeiten, wie zum Beispiel eine Kur, für sich in Anspruch nehmen zu können. Wichtig ist es aber auch, dem Erkrankten gegenüber keine Versprechen abzugeben, die man unter Umständen nicht einhalten kann.

Schon kleine Tipps der Experten erleichtern den Umgang mit dem Betroffenen. Ein Tipp, nicht diskutieren, das zermürbt oft nur. Stattdessen soll man die schönen Dinge des Alltags genießen und gegebenenfalls kleine Ausflüge machen, die allen gut tun. „Eine gute Stimmung überträgt sich automatisch auf den Erkrankten", so Gabriele Buchholz.

Freie Plätze

Finanziert wird das Angebot von der BARMER. Die Pflegebedürftigen werden während der Zeit von Fachkräften und ehrenamtlichen Helfern in der Tagespflege des Johannes-van-Acken-Hauses betreut. Anschließend treffen sich alle noch zu einem kleinen Imbiss im Café der Pflegeeinrichtung. „Man lernt die Einrichtung anders kennen, sowohl Angehörige wie Betroffene. Die Angstschwelle vor dem Unbekannten wird heruntergeschraubt“, weiß Marie-Luise Schult im Walde aus Erfahrung. "Wir haben noch freie Plätze in den Gesprächskreisen", sagt Gabriele Buchholz. "Für Versicherte aller Kassen ist die Teilnahme kostenfrei, einfach anrufen und anmelden."

Foto: Caritas

Info:

Termine 2024:

Gesprächskreis 1 von 10 bis 12 Uhr sowie Gesprächskreis 2 von 13:30 bis 15:30 Uhr, jeweils am 1. Samstag im Monat

Gesprächskreis 3 von 15 bis 17 Uhr, jeweils am 3. Samstag im Monat

Anmeldung bei:
Gabriele Buchholz
Senioren und Pflegedienste - Stabsstelle Netzwerkarbeit
Tel.: 02043 / 373 - 454
gabriele.buchholz@caritas-gladbeck.de

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Nicole Gruschinski

Nicole Gruschinski

n.gruschinski@aureus.de

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