Schermbeck
Foto: Aileen Kurkowiak

Der Kampf gegen die Einsamkeit

Das Ehrenamt in Schermbeck hat ein neues Gesicht – Brandy Soggeberg soll lose Enden im Alten Rathaus verknüpfen

Schermbeck -

Aktuell ist es eines der größten Projekte in Schermbeck: Nämlich das Alte Rathaus in ein funktionierendes soziokulturelles Zentrum zu verwandeln. Vieles funktioniert auch schon gut, doch eben auch nicht alles – einige Umstände haben bedingt, dass ursprüngliche Überlegungen bisher nicht in die Tat umgesetzt werden konnten. Als neues Bindeglied im Bereich des Ehrenamtes soll Brandy Soggeberg fungieren. Diakon und Caritasdirektor Michael van Meerbeck hat große Hoffnungen in die junge Sozialarbeiterin genau die Lücken zu schließen, an denen es aktuell noch hapert.

Das Gebäude im Herzen Schermbecks ist eine echte Institution mit langer Geschichte. Um dem Alten Rathaus einen neuen Verwendungszweck zu geben, der dessen Historie gerecht wird, hat die Caritas ein „caritatives-soziokulturelles Zentrum“ eingerichtet. Hier versammeln sich unterschiedliche Einrichtungen, die um Rat und Hilfe suchende Menschen durch noch mehr Nähe besser beraten und unterstützen sollen. Im Zentrum des Ganzen soll eine direkte Vermittlung an Hilfestellen stehen, die entweder im Haus selbst oder auch extern verortet sein können, völlig unabhängig von der Caritas.

Der Kreis Wesel hat mit seinen Angeboten der Erziehungsberatungsstelle und des Jugendamtes mit der Polizei im ersten Stock des Alten Rathauses seine Büros bezogen. Auch die Caritas Sozialstation, die ambulante Jugendhilfe, die Wohnberatung, der ambulante Palliativ- und Hospizdienst, die Tagespflege, die Lebensmittelausgabe und Kleiderkammer sowie die Demenz- und Altenberatung sind bereits aktiv.

Frischer Wind für die Institution

Immer vorgesehen und unbedingt notwendig war neben all diesen Angeboten ein Netzwerk aus Ehrenamtlichen. Im Rahmen einer Freiwilligenzentrale werden Menschen gesucht, die die Zeit aufbringen können, anderen Schermbeckern unter die Arme zu greifen. Vorgesehen sind zum Beispiel Besuchsdienste sowie ein ehrenamtlicher Fahrdienst für Senioren. Die Optionen sind vielfältig. Auch für die Lebensmittelausgabe, die Kleiderkammer und andere Stellen werden noch Freiwillige gesucht. Ein besonderes Herzensprojekt: Die Idee von „Wunschgroßeltern“ bietet älteren Menschen und jungen Familien die Gelegenheit, ein passendes „Gegenüber“ kennenzulernen, um das eigene Netzwerk zu erweitern. Vorstellungen und Wünsche von Eltern und Ehrenamtlichen, ein begleitetes Kennenlerntreffen sowie Sympathie und Freiwilligkeit sind die Grundlage für weitere Kontakte. Das Ziel: Im Laufe der Zeit eine vertrauensvolle und langfristige Beziehung zu entwickeln, die beiden Seiten gleichermaßen Freude bringt.

„Die ersten Schritte in diese Richtung konnten wir zu Beginn auch direkt gehen. Und die Idee ist sehr gut angelaufen“, erklärt der Caritasdirektor. „Doch ein langfristiger Krankheitsfall hat bedingt, dass all die Arbeit leider ins Stocken geriet. Und bei so etwas muss man dranbleiben“, weiß er. Also alles auf Anfang für Brandy Soggeberg. Sie soll die Freiwilligenzentrale koordinieren und mit den Menschen in den Dialog treten. Herausfinden, was es gibt, und was gebraucht wird.

Die Tätigkeit der jungen Frau soll allerdings noch eine Neuerung vor Ort umfassen: Die Räumlichkeiten, in denen ursprünglich die Notgruppen des Kindergartens untergebracht waren, wurden inzwischen ebenfalls renoviert und aufgehübscht. „Aktuell ist die Möblierung in vollem Gange“, sagt van Meerbeck. Der weitläufige Raum soll der Gemeinde als Mehrzweckraum dienen. Die Nutzungsmöglichkeiten sollen nicht nur flexibel, sondern auch bedürfnisorientiert sein. „Das kann alles Mögliche sein. Denkbar sind ein Kaffeeklatsch für Menschen, die Gleichgesinnte suchen, Spieleabende mit anderen Interessierten oder eben alles, wofür es Bedarf gibt“, erklärt die Sozialarbeiterin.

Ziel ist es, Wege aus der Einsamkeit und sozialer Armut alter Menschen und Familien im Quartier der Gemeinde Schermbeck zu finden. Hilfsangebote sollen identifiziert, vernetzt, kommuniziert und ermöglicht werden. Doch das will nicht nur kommuniziert, sondern auch organisiert werden. „Da habe ich richtig Lust drauf“, erklärt die 24-Jährige. Erfahrungen konnte sie nach ihrem Studium bereits im Dorstener Leo sammeln. Brandy wird täglich vor Ort montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 14 Uhr ansprechbar sein.

Schermbecker Tafel braucht Unterstützer

Während der Rest vor Ort ziemlich gut laufe, erklären Michael van Meerbeck und Bürgermeister Mike Rexforth, dass es aktuell im Alten Rathaus ein Sorgenkind gebe. „Die Tafel hat zu wenig Lebensmittel. Es ist zu wenig zu bekommen“, erklärt Rexforth. Lebensmittel-Händler würden lieber die Food-Sharing-Trends wie „Too good to go“ und ähnlichen Apps koordinieren, weswegen für die Tafel quasi nichts übrigbleibt. Und die Marktleiter vor Ort seien häufig nicht zuständig und die Verhandlungen mit den Zentralen gestalten sich äußerst schwierig, erklären die Männer. Hier arbeite man aktuell an Lösungen, müsse aber die Allgemeinheit ebenso dringend um Spenden bitten. „Wer einkaufen geht und eine oder zwei Packungen Nudeln zusätzlich kauft und im Alten Rathaus abgibt, tut etwas Gutes“, sagt der Bürgermeister. Schließlich sind aktuell 290 Schermbecker Familien auf die Lebensmittel angewiesen. Mit einem Tafel-Schriftzug auf den Trikots der neuen Damenmannschaft zeigt der SV Schermbeck Flagge und möchte die Bekanntheit der so hilfreichen Institution in Schermbeck steigern.

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Aileen Kurkowiak

Aileen Kurkowiak

aileen.kurkowiak@aureus.de

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