Viel Geld kann zur Plage werden und macht nicht immer glücklich

Je 500 bis 5.000 Euro warten auf insgesamt 600.000 ehemalige Versicherungskunden

Ein Novum in der deutschen Versicherungsgeschichte. Die DB VöR-Versicherung, besser bekannt als Deutsche Beamtenversicherung (DBV) in Wiesbaden, muss an rund 600.000 ehemalige Kunden rund 300 Millionen Euro auszahlen. Doch kaum einer weiß von seinem Glück. Anschreiben kann DBVöR viele nicht.Die Deutschen sollten deswegen in alten Formularen nachschauen, ob auch sie anspruchsberechtigt sind. Zu viel Geld macht unglücklich. Hans-Joachim Krauß ist der Beweis dafür. Bei ihm liegen 300 Millionen Euro, die er schnellstens loswerden muss. Doch das Verteilen bereitet ihm große Sorgen. Denn die Millionen sollen an 600.000 ganz bestimmte Menschen gehen. Sie haben einen passenden Anspruchsschein zu Hause liegen. Doch kaum einer holt sich sein Geld ab.„In knapp drei Monaten haben sich nur fünf Prozent der Leute gemeldet“, klagt Krauß. Die skurrile Geschichte um den unerwünschten Reichtum beginnt schon im Jahr 1990, und zwar bei der Deutschen Beamten-Versicherung (DBV) in Wiesbaden. Seinerzeit wurde der Lebensversicherer für den öffentlichen Dienst privatisiert. Gewerkschaften und Belegschaft setzten allerdings durch, dass ein Viertel der Anteile zunächst bei der öffentlich-rechtlichen Dachgesellschaft DBVöR verbleiben musste. Im vergangenen Jahr wurde dieser Rest nun ebenfalls verkauft - an die Schweizer Großbank Credit Suisse. Dabei sind die leidigen 300 Millionen Euro zusammengekommen, die nun bei DBVöR-Vorstand Krauß und seinen Kollegen auf Abholer warten. Sie stehen genau den 600.000 Menschen zu, die 1990, während der Privatisierung, Kunden der Versicherung waren.Die Kunden haben damals von der DBV einen Coupon erhalten, den sie seit dem 1. März 2007 bei Banken gegen Bares eintauschen können. Wenn, ja wenn sie den Wisch nicht verlegt oder entsorgt und die ganze DBV nicht längst vergessen haben. Genau das scheint aber nach 17 Jahren vielfach der Fall zu sein. Die DBVöR, deren einzige verbliebene Aufgabe das Verteilen des Geldes ist, hat mehrere Zeitungsanzeigen geschaltet, die die Zeit des Umtausches einläuten sollte. Ein eigens eingerichtetes Callcenter stand bereit, um den Ansturm der Anfragen bewältigen zu können. Doch es gab nur wenig zu tun: Etwa 20.000 Menschen haben sich bisher gemeldet. Dabei stehen jedem Kunden durchschnittlich rund 500 Euro zu. Je nach Zahl der Policen und Höhe der Beiträge sind es bei einzelnen Kunden auch schon einmal bis zu 5.000 Euro.Doch das Geld bekommt nur, wer sich meldet. „Wir können die Leute nicht persönlich anschreiben“, klagt Vorstand Krauß. Denn dazu fehlen die Adressen. Nur noch 30 Prozent der damaligen DBV-Kunden sind bei der heutigen DBV Winterthur versichert, die inzwischen der Axa gehört. „Unsere Juristen sagen, wir müssen alle gleich behandeln“, erklärt Krauß. Deshalb dürfte die DBVöR nur dann Briefe verschicken, wenn sie von wirklich allen Berechtigten eine Anschrift hätte. Hat sie aber nicht. Eine direkte Überweisung des Geldes scheidet damit aus.Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Der Abhol-Coupon, den die Kunden 1990 erhalten haben, verfällt am 2. März 2009, und die DBVöR wird aufgelöst. Das löst aber das Problem der unerwünschten Millionen nicht. Der Erlös der Firmenauflösung steht wieder den Versicherten von 1990 zu – dazu haben sie vor 17 Jahren einen zweiten Coupon erhalten. Doch wer schon den ersten vergessen hat, dürfte sich an den zweiten auch kaum erinnern.Schon spielt Krauß mit dem Gedanken, früher oder später den Rat seiner Juristen in den Wind zu schlagen. Er würde wohl gerne die Magnetbänder mit 17 Jahre alten Datensicherungen hervorkramen und versuchen, die heutigen Adressen der Kunden herauszufinden. „Sonst“, sagt Krauß, „wird das hier zu einer unendlichen Geschichte.“ Auf natürliche Weise löst sich das Verteilungsproblem jedenfalls nicht, auch wenn so mancher Altkunde inzwischen verstorben sein dürfte. Denn das Geld steht demjenigen zu, der den Coupon vorlegt, also zum Beispiel auch einem Erben. Oder jedem anderen, der irgendwo einen solchen Schein findet. Selten war es in Beamtenfamilien so lohnend, die Altpapierstapel der Oma mal ganz genau zu durchsuchen. Jedoch sollten sich ehemals (1990) bei der DBV versicherte Personen mit der DBVöR in Verbindung setzen, auch wenn sie evtl. die Coupon-Scheine nicht mehr in den Händen haben sollten. Die DBVöR hat für Anfragen der Inhaber von Berechtigungsscheinen eine eigene Service-Nummer (Tel: 01803 202 608, 9 Cent/Minute) eingerichtet, über die Fragen zu den Berechtigungsscheinen beantwortet werden.[i]Willi MüllerUnabhängiger VersicherungsexperteAssekuranzmakler, Prozessionsweg 3, Tel 02045/409090, Fax 02045/409092www.versicherungsdienst-müller.de [/i]

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