Akuter Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn

Kundenrechte und Kulanzregelungen für Fahrgäste

Bahnkunden müssen während des akuten Tarifkonflikts zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) weiterhin mit Beeinträchtigungen rechnen. Auch nach Verkündung eines bundesweiten Streikverbots bleibt die Situation für Fahrgäste im Nah- und Fernverkehr unkalkulierbar. Die GDL hat jetzt erklärt, geplante Streiks nicht mehr wie bisher 24 Stunden vorher anzukündigen.

Derzeit sind Streiks im Güter-, Fern- und Nahverkehr einiger Bundesländer von mehreren Arbeitsgerichten in Eilverfahren untersagt worden. Die GDL hat ihre Streikaktionen daher zunächst auf die S-Bahnen konzentriert. Wer während der schwelenden Streikphase der Lokführer eine geplante Bahnreise antreten möchte oder darauf angewiesen ist, beruflich regelmäßig zu pendeln, sollte sich vorab bis auf weiteres ausführlich über die aktuelle Streiksituation informieren. Die Deutsche Bahn selbst bietet für Auskünfte eine kostenlose Hotline (08000/99 66 33) an. Anrufer aus dem Ausland können sich unter der Rufnummer 0049-1805-334444 über die aktuelle Lage informieren. Die Gebühren richten sich nach den jeweiligen Tarifen des Herkunftslands. Weitere Hinweise im Internet unter www.bahn.de/blitz/view/streik.shtml. Kann ein gebuchtes Bahnticket für eine bestimmte Verbindung aufgrund des Bahnstreiks nicht genutzt werden, muss der Fahrpreis erstattet werden. Tickets, die aufgrund einer akuten Streiksituation ungenutzt bleiben, werden von der Deutschen Bahn bis zum 31. August 2007 ohne die sonst übliche Gebühr von 15 Euro erstattet bzw. umgetauscht.

Die Deutsche Bahn ermöglicht Fahrgästen, die wegen des Streiks gebuchte Züge verpasst haben, andere Verbindungen ohne Aufschlag zu nutzen. Diese Kulanzregelung gilt in vielen Fällen auch für den Umstieg vom IC auf den normalerweise teureren ICE. Falls ein Kunde unter diesen Umständen auf die Bahnfahrt verzichtet, bekommt er das Ticket von der Deutschen Bahn erstattet.

Fahrgäste, die Verbindungen im Nahverkehr nutzen, sollten am Bahnhof auf die Bekanntgabe von Ersatzverbindungen und -zügen achten. Während des letzten Streiks hatte die deutsche Bahn Fernverkehrszüge für Kunden im Nahverkehr freigegeben.Die einzelnen Pünktlichkeitsgarantien, die die regional zuständigen Verkehrsverbünde bei Verspätungen vielfach gewähren, gelten bei Streiks in der Regel nicht. Somit hat ein Bahnkunde keinen Anspruch auf Ersatz seiner Taxikosten.Gemäß der Kundencharta der Deutschen Bahn  gibt das Unternehmen bei Verspätungen von mehr als 60 Minuten im Fernverkehr (ICE, IC, EC) Gutscheine an betroffene Kunden aus. Die Entschädigung beträgt 20 Prozent des Fahrpreises. Die Kundencharta schließt Streik als Grund für eine Erstattung auch nicht ausdrücklich aus. Die Bahn beruft sich aber hier auf höhere Gewalt. Diese Beurteilung ist unter Juristen umstritten. Ob ein Entschädigungsanspruch auf Grundlage der Kundencharta besteht, lässt sich deshalb nur auf dem gerichtlichen Weg klären.

Ein Anspruch auf Ersatz von Zusatzkosten, die durch den Streik entstehen - etwa für Ersatzflüge nach verpasstem Flug, Hotelzimmer und/oder Taxi - besteht nur, wenn die Deutsche Bahn ein Verschulden am Streik trifft. Hierzu gehen die Rechtsmeinungen auseinander. Nach Ansicht der Verbraucherzentralen hat die Bahn einen Streik ihrer Lokführer zu vertreten und wäre demnach schadenersatzpflichtig. Die meisten Rechtsexperten definieren einen Streik eigener Mitarbeiter ebenfalls als höhere Gewalt. Daher wird sich ein Anspruch auf Schadenersatz bei der Deutschen Bahn ohne Klage nicht durchsetzen lassen. Fahrgäste, die wegen des Streiks nachweislich zusätzliche Auslagen aufwenden müssen können sich jedoch um eine kulante Regelung bei dem Kundendialog der Bahn bemühen - unter www.schlichtungsstelle-nahverkehr.de/Beschwerdeadressen.

Wichtige Hinweise für Ferienreisende: Wer eine Pauschalreise gebucht hat, muss selbst dafür sorgen, dass er pünktlich am Flughafen erscheint. Die Fahrt mit der Bahn zum Flughafen ist in aller Regel kein Bestandteil eines Pauschalangebots. Dies gilt auch für Rail-and-Fly-Angebote. Denn hierbei handelt sich um einen Sondertarif der Bahn, der an einen Flug geknüpft ist. Ein Reiseveranstalter haftet in diesem Fall nicht für Verspätungen beim Transfer vom und zum Flughafen. Bahnkunden, die eine Reise mit dem Autozug planen, sind laut GDL von den Streikaktionen nicht betroffen, da für dieses Segment ein eigener Tarifvertrag existiert.

Berufstätige sollten beachten, dass der Gang zur Arbeit grundsätzlich in der eigenen Verantwortung liegt. Wer seinen Arbeitsplatz nicht pünktlich erreicht, ist verpflichtet, die verstrichene Arbeitszeit nachzuholen oder für diese Zeit Urlaub zu nehmen. Es ist deshalb ratsam, im Vorfeld mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung zu vereinbaren. Gegebenenfalls müssen sich abhängig Beschäftigte um eine alternative Fahrmöglichkeit bemühen. Hier wäre beispielsweise die Nutzung von Fahrgemeinschaften zu empfehlen - wie sie etwa unter www.pendlernetz.de angeboten wird.

(August 2007)

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