„Ich wohne schon mein ganzes Leben in Grafenwald. Mittlerweile bin ich Rentner. Mein Haus habe ich damals gekauft, um im Alter sorgenfrei leben zu können. Doch wenn ich nun den Anschluss an den Regenwasserkanal und die Sanierung der Schneiderstraße mittragen muss, dann weiß ich nicht, wie ich das bezahlen soll. Dann kann ich bald mit dem Henkeltopf zur Stadt gehen“, sagt Bernhard Heisterhoff, Anwohner der Schneiderstraße.

Foto: Egon Maier
Die Sorgen von Bernhard Heisterhoff teilen viele Anwohner der Schneiderstraße. Einige von ihnen wohnen hier schon seit Jahren und haben bereits in den 1960er Jahren für die Herstellung der Schneiderstraße gezahlt. Andere sind jetzt erst hier hergezogen. Wie Heike Stricker und Uwe Jamin, die erst dieses Jahr in ihr neues Haus eingezogen sind. „Wir haben unser Haus mit viel Liebe zum Detail renoviert, viel Arbeit und Geld hineingesteckt. Beim Kauf des Hauses war uns nicht bewusst, welche Kosten auf die Anwohner zukommen würden“, sagt Heike Stricker.
Sowohl Bernhard Heisterhoff als auch Heike Stricker sind Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft (AG) Schneiderstraße. Dazu haben sich elf Anwohner zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die Ausbaupläne der Stadt anzugehen. Denn sie alle sehen immense Kosten auf die Anwohner der Schneiderstraße und ganz Grafenwald zukommen, sollte der Vollausbau der Schneiderstraße und zusätzlich die Sanierung des Kanalsystems durchgeführt werden.
So entwickelte die AG Schneiderstraße einen Sieben-Punkte-Plan und eine entsprechende Unterschriftenliste, um ein deutliches Zeichen gegenüber der Stadt zu setzen. „Rund 800 Unterschriften sind in den wenigen Wochen gesammelt worden“, sagt Christoph Ferdinand, „das zeigt, was die Grafenwälder von den Plänen der Stadt halten.“ Man sei verärgert über das Vorgehen von Stadt und auch der RAG, die den Vollausbau der Schneiderstraße nicht tragen will. „Wir haben uns daher Mitte Februar noch einmal zu einem Gespräch mit der Stadt getroffen. Dabei sind aber viele Fragen offen geblieben, bzw. neue hinzugekommen“, sagt Christoph Ferdinand. Mittlerweile findet sich ein Fragen- und Antwort-Katalog auf der Internetseite www.bottrop.de.

Foto: Gabriele Knafla
Einen Teilerfolg konnte die AG Schneiderstraße jedoch ausmachen: Es wird ein separates Gutachten der Bergbauschäden geben, dazu soll ein neues Ingenieurbüro beauftragt werden. „Wir sind der Meinung, dass der Bergbau verantwortlich ist für die Schäden an der Schneiderstraße und am Kanalsystem und dass der Verursacher auch zahlen muss.“ Zusätzlich sei die Stadt der Unterhaltspflicht der Straße von Anfang an nicht nachgekommen und habe die Wartung vernachlässigt. Auch das wird zu prüfen sein. Ein weiterer Teilerfolg: Es soll eine neue Verkehrszählung geben. „Wir wollen nach der Sanierung der Schneiderstraße das Tempolimit 30 und keine Öffnung für den Schwerlastverkehr“, so die Aussage der AG Schneiderstraße, „außerdem möchten wir zunächst den Lärmaktionsplan durch die Stadt ausgearbeitet wissen.“
Die AG Schneiderstraße wird nach eigenen Angaben nicht locker lassen. „Wir behalten uns auch die rechtliche Ebene vor.“ Neben den wöchentlichen Treffen sind weitere Aktionen geplant. Auf der Internetseite www.ag-grafenwald.jimdo.com finden sich stets die neuesten Informationen. „Wir kämpfen weiter“, lautet die Parole. „Wir haben ja nichts zu verlieren“, sagt Heike Stricker deutlich. gk