Schermbeck - Mitte Mai kam die endgültige Nachricht: In diesem Jahr wird es das Kilianfest wie wir es kennen definitiv nicht geben. Sowohl die Schermbecker als auch die Altschermbecker Schützengilde haben diese Entscheidung gemeinsam getroffen, auch wenn die Trauer bei allen groß ist. Wir haben uns mit den Präsidenten der Gilden unterhalten.
„Für mich immer noch sehr unwirklich. Kein Kilian. Kein freudiges Zusammentreffen mit unseren Schützen. Es ist schon ein fixer Termin im Jahr, der nun einfach wegfallen muss. Eine schwere und traurige Entscheidung, aber wir machen das Richtige“, fasst Gregor Zens, der Präsident der Altschermbecker Kiliangilde, die außergewöhnliche Lage zusammen. Mehr als 1.000 Schützen müssen in diesem Jahr auf ihr Traditionsfest verzichten, eine solche Situation hat bisher noch niemand erlebt. „Jedes Jahr feiern wir Kilian – ohne Ausnahme. Der letzte Ausfall des Fests müsste in der Kriegszeit gewesen sein“, sagt der Altschermbecker Schützenpräsident. Eine völlig neue Situation für jeden Schützen gerade.
„Wir möchten aber nicht ganz ohne Kilian“, stellt Ralf Daunheimer, der Präsident der Schermbecker Schützengilde klar. Wie genau eine solche Alternative allerdings aussehen soll, das weiß noch keiner der Präsidenten so genau. Sicher ist aber: Die Gesundheit der Schützen, der Gemeinde und der Besucher muss unbedingt im Vordergrund stehen. „Natürlich gibt es zahlreiche Überlegungen. Aber ob und wie diese umsetzbar sind, ist oft fraglich bis unmöglich“, heißt es von beiden Kilianpräsidenten.
Enge Zusammenarbeit
„Die Festabsage haben wir als Gilden gemeinsam verkündet und auch jetzt stehen wir in enger Zusammenarbeit zueinander“, erzählt uns Ralf Daunheimer. Regelmäßig trifft sich auch jede Gilde für sich, um über mögliche Alternativen zum Schützenfest zu beraten. Neben den Hygiene- und Abstandsregeln gibt es eine Vielzahl an Kleinigkeiten, die eine Umsetzung von Alternativen nicht möglich machen. „Wenn wir beispielsweise unsere beliebte Erbsensuppe anbieten wollen, brauchen wir Genehmigungen, die wir nicht haben. Wir müssen Gesundheitszeugnisse vorzeigen, von Belehrungen, die keiner von uns gemacht hat. Und das ist nur ein Beispiel von vielen“, sagt Ralf Daunheimer.
Veranstaltungen mit einer geringen Personenanzahl und unter strenger Einhaltung der Hygienevorgaben sind zwar erlaubt und in der Theorie möglich, aber die Praxis sehe dann doch anders aus. „Natürlich bietet unser Schützenplatz die Möglichkeit, den Mindestabstand bei einer geringen Personenanzahl einzuhalten. Doch die Menschen brauchen so langsam wieder soziale Kontakte, daher kann man nicht voraussagen, wie groß der Zulauf einer solchen Veranstaltung ist und ob dann auch die eineinhalb Meter Abstand die ganze Zeit eingehalten werden, ist fraglich. Außerdem sinken beim Bier die Hemmungen. Das sind zu viele Aspekte, die gegen eine solche Veranstaltung sprechen“, erklärt der Altschermbecker Präsident Gregor Zens. Denn, so betonen beide Präsidenten immer wieder, die Gesundheit eines jeden muss gesichert sein. „Sollte sich bei einer unserer Veranstaltungen, egal von welcher Gilde, ein Bürger mit dem Virus anstecken, dann haften wir als Vorstand in Person dafür. Das Risiko ist auch für uns alle, die neben dem Schützendasein auch ein berufliches und familiäres Leben haben, einfach zu hoch“, sagt Ralf Daunheimer.
Auch in schlechten Zeiten
Teil einer Schützengilde zu sein bedeutet aber nicht nur, das gesamte Jahr bis zum großen Fest auf ein neues Königspaar zu warten und zu feiern. Auch Zusammenhalt und Gemeinschaft sind in diesen Zeiten wichtiger denn je. Aus der Altschermbecker Gilde wird berichtet: „Alle zeigen großes Verständnis für die Lage. Natürlich sind wir auch alle sehr traurig über den Ausfall, aber unser aller Verantwortungsbewusstsein ist weitaus größer als die reine Feierlaune.“ Außerdem, so heißt es aus der Schermbecker Gilde, würde man in diesem Jahr erst mal feststellen, was das Schützenfest eigentlich bedeutet. „Natürlich feiern wir alle zusammen und haben Spaß. Aber Schützenfest und Schütze sein heißt nicht nur feiern, Schützenfest ist eine Einstellung.“ Gemeinschaft und Vereinsleben machen die Gilden aus und das größte Fest der Gemeinsamkeit fällt in diesem Jahr weg.
Dass das aber einen Abbruch der Gemeinschaft und des Zusammenhalts bedeutet, ist nicht zu spüren. Sowohl das Schermbecker Königspaar Dominik Woeste mit seiner Königin Lenja Niesen als auch der Altschermbecker Schützenkönig Bernd Becker mit Ulla Bienbeckan seiner Seite haben bereits eine Verlängerung ihrer Herrschaft über ihre Gilde zugesagt. „Auch da haben wir hin und her überlegt“, heißt es aus der Altschermbecker Gilde. Der Turnus in beiden Gilden verändert sich so oder so und die Amtszeiten der Königspaare um ein Jahr zu verlängern erschien beiden Schützenpräsidenten am sinnvollsten. „Wir sind auch heilfroh, dass sie zugestimmt haben. Ein Schützenfest ohne ein ehemaliges Königspaar zu feiern, wäre auch einfach nicht das Wahre gewesen“, sagt Gregor Zens.
Freundschaftliche Partner
Die Absage des Fests trifft aber nicht nur die Gilden und Besucher, sondern auch die Vielzahl an Partnern, durch die das Fest erst möglich gemacht wird. „Wir arbeiten mit so vielen Leuten zusammen. Schausteller, die Festzeltwirte, elf Bands sollten für musikalische Begleitung sorgen – wir mussten ja allen absagen“, lautet die bedauerliche Erklärung der Gilden. Die Einnahmen der Schützenfestpartner brechen komplett ein. „Das liegt auch daran, dass Festzeltwirte, Musiker, Gastronomen und Schausteller momentan alle ihre Auftritte absagen müssen. Da wir schon seit Jahren in guter Partnerschaft zusammenarbeiten, tut uns das natürlich sehr leid“, betont die Altschermbecker Gilde. Doch, das können die Altschermbecker verkünden, wird die Gilde durch den Ausfall in keine finanzielle Not kommen. „Wir haben von unseren Vorgängern und deren Vorgängern ein Budget übernommen. Dieses Budget ist für genau einen solchen Fall ausgelegt, denn es deckt die Kosten eines Festes im Falle eines Ausfalls“, erklärt der Altschermbecker Präsident. Das sei zwar nicht gut, das Ersparte zu gebrauchen, bedeutet aber Glück im Unglück.
Mögliche Alternativen
Gemeinsam aber haben die Gilden auch in andere Richtungen gedacht. „Wir überlegen, die Festeröffnung über ein Videochat-Meeting zu machen. So können wir alle im eigenen Zuhause mit den anderen Schützen anstoßen und wir haben wenigstens den Hauch einer Eröffnung“, sagt der Schermbecker Präsident. Alternativ möchten die beiden Gilden ihre Schützen dazu aufrufen, die Fahnen privat zu hissen und eventuell die Antrommler durch die Gemeinde laufen zu lassen. Genaue Pläne aber gebe es noch nicht, heißt es aus den beiden benachbarten Gilden. „Momentan stehen wir nicht nur zueinander in engem Kontakt, auch unser Freund und Ehrenschütze Mike Rexforth ist eingebunden“, sagt Ralf Daunheimer. Zusammen mit den Vorständen und dem Bürgermeister suche man immer wieder nach Alternativen, deren Umsetzung oder ganz anderen Möglichkeiten. „Aber vom jetzigen Zeitpunkt aus können wir noch nicht sagen, was passiert.“ Fakt ist aber: Kilian soll weiterleben. Wie und ob das 2020 möglich ist, wird sich zeigen. „Sobald wir eine Lösung haben, melden wir uns bei unseren Schützen und Schützenfreunden“, versprechen die Präsidenten. Trotz all der Umstände sehe man aber schon jetzt einem erfolgreiche Kilian 2021 entgegen. // jl