Foto: Polizeiliche Kriminalprävention

Sie kommen nicht nur bei Nacht...

Einbrecher nutzen die frühe Dämmerung in der dunklen Jahreszeit – In Kirchhellen wurde bereits in Gartenhütten und Garagen eingebrochen

Kirchhellen - „Meine Kinder fragen mich nachts immer wieder: Papa, sind die bösen Männer wieder da?”, erzählt ein Familienvater aus Kirchhellen. Der Schock ist der Familie immer noch anzumerken, denn Anfang Oktober wurde mitten in der Nacht, während alle zu Hause schliefen, in ihre Gartenhütte und Garage eingebrochen. Und nicht nur bei dieser Familie, auch mehrere ihrer Nachbarn sind betroffen. Die Täter entwendeten alleine bei der einen Familie Werkzeuge und Fahrräder in einem Wert von 3.000 bis 3.500 Euro. „Wir sind aber noch mit einem blauen Auge davon gekommen, denn es wurde nicht ins Haus eingebrochen”, betont der Familienvater. Aber die Angst, dass beim nächsten Mal Einbrecher ins Haus kommen, ist deutlich zu spüren. Denn gerade die nun beginnende dunkle Jahreszeit nutzen auch Wohnungseinbrecher wieder vermehrt, um zuzuschlagen. Die Polizei versucht Aufklärung zu leisten.
Kriminalhauptkommissar Detlef Reichhardt arbeitet bei der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Recklinghausen. Hier beraten Fachleute kostenlos und neutral rund um die möglichen Sicherungsmaßnahmen für das eigene Heim. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle an der Heilige-Geist-Straße 14 in der Recklinghäuser Innenstadt ist zuständig für den gesamten Kreis Recklinghausen wie auch für Kirchhellen, Bottrop und Gladbeck.
 

833c7256e3b8a07b16c959d515790cad.png
Opfer von Wohnungseinbrüchen fühlen sich häufig in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr sicher.
Foto: Polizeiliche Kriminalprävention

Und das ist nötig, denn im Jahr 2013 verzeichnete die polizeiliche Kriminalstatistik einen vergleichsweise hohen Anstieg der Zahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl. Vom Jahr 2012 zum Jahr 2013 wurde ein Anstieg von 3,7 Prozent verzeichnet. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl der gescheiterten Einbrüche weiter gestiegen. Im Jahr 2012 scheiterten 39,1 Prozent der Einbrüche und 2013 waren es bereits 40,2 Prozent. Diese Steigerung der gescheiterten Einbrüche dürfte mit der Intensivierung der Präventionsmaßnahmen zusammenhängen.

Was die Kirchhellener Familie, in deren Gartenhütte und Garage eingebrochen wurde, nun empfindet, steigert sich noch bei Opfern, deren Wohnung oder Haus betroffen ist. „Das psychische Leiden der Opfer wird immer unterschätzt“, sagt Detlef Reichhart. „Opfer von Wohnungseinbrüchen empfinden Hilflosigkeit und fühlen sich in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr sicher. Die Täter haben alles angefasst und durchsucht und das macht den Opfern zu schaffen, denn sie verlieren das Vertrauen in ihr Zuhause“, weiß der Hauptkommissar. Oft sind die Täter auf Bargeld oder Schmuck aus. „Bei dem Schmuck kommt dann noch eine emotionale Komponente hinzu“, weiß Detlef Reichhard. Manche Familienerbstücke oder besonderen Geschenke haben für die Besitzer einen ideellen Wert, der durch Geld nicht zu ersetzen ist. Deshalb sind sicherungstechnische Einrichtungen empfehlenswert. Natürlich müssen Hauseigentümer und Wohnungsbesitzer dafür Geld in die Hand nehmen, aber oftmals lassen sich Einbrüche so verhindern. „Wenn mein Fenster stärker ist als der Schraubenschlüssel des Täters, dann bin ich zu Hause sicher“, weiß Detlef Reichhard. Sicherungstechnik wirkt auf Täter abschreckend, denn sie bedeutet für die Täter längere Arbeitszeit. „Länger als drei Minuten versucht ein Täter es meist nicht, denn dann erhöht sich die Gefahr entdeckt zu werden“, erklärt Detlef Reichhardt. Deshalb werden die meisten Wohnungseinbrüche entgegen der landläufigen Meinung auch nicht in der Nacht verübt, wenn alle Haus- oder Wohnungseigentümer zu Hause sind. „Die Tatzeiten bei Einbrüchen sind meist zwischen 10 und 12 Uhr mittags und zwischen 16 und 20 Uhr am Abend“, weiß der Hauptkommissar. Der Einbrecher will keine Konfrontation, deshalb versucht er zunächst möglichst gefahrlos festzustellen, ob die Leute zu Hause sind.“ Gerade zu diesen Tageszeiten sind viele Leute nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit, in der Schule, zum Einkaufen oder Erledigungen machen. In der dunklen Jahreszeit nutzen die Täter oft die frühe Dämmerung, um sich dann unbemerkt Zutritt zum Haus zu verschaffen.
 

384b1b417c9a00417b92caa1b32158ba.png
Die Täter kommen oft tagsüber, wenn die Bewohner nicht zu Hause sind.
Foto: © Rike / pixelio.de

Und wie einfach das geht, zeigt Detlef Reichhardt den Besuchern der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Recklinghausen. Gerade einmal vier Handgriffe benötigt ein Täter, um ein gewöhnliches, nicht speziell abgesichertes Fenster mit einem einfachen Schraubenschlüssel auszuhebeln und ins Haus zu gelangen. „Geübte Einbrecher brauchen dafür nicht einmal zwei Minuten“, weiß der Hauptkommissar. Gekippte Fenster sind sogar noch leichter zu überwinden und sind praktisch eine Einladung für die Einbrecher. Bei etwa 82 Prozent der Einbrüche in Einfamilienhäuser und bei 63 Prozent der Einbrüche in Wohnungen verschaffen sich die Täter Zugang über Fenster oder Fenstertüren wie Terrassen- und Balkontüren. Täter scheuen sich auch nicht über Steighilfen wie Dachvorbauten oder Garagen in Obergeschosse einzubrechen. Sicherheit beginnt deshalb bei den Fenstern. Gegen das Aufhebeln, Einschlagen und Entriegeln von Fenstern gibt es eine Vielzahl von Sicherungsarten. Es gilt jedoch: Der Griff sollte immer abschließbar sein und ein zusätzlicher Schutz gegen das Aufhebeln ist nötig. Empfehlenswert ist der Einbau geprüfter einbruchhemmender Fenster. Bei diesen Fenstern ist sichergestellt, dass es in der Gesamtkonstruktion bei Rahmen, Beschlag und Verglasung keinen Schwachpunkt gibt. Der Einbruchschutz für Fenster kann im Nachhinein aber immer noch deutlich verbessert werden, auch wenn keine neuen, einbruchhemmenden Fenster angeschafft werden. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle in Recklinghausen zeigt Interessierten eine Vielzahl von Möglichkeiten und berät sie gerne individuell. Berücksichtigt werden sollten auch Kellerfenster und Kellerschächte, denn auch diese können von Einbrechern als Einstieg genutzt werden.
 

447545b5818ae0eb22e88d1a9f42919d.png
Kriminalhauptkommissar Detlef Reichhardt von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle berät Hilfesuchende.
Foto: Jana Golus

Bei Wohnungseinbrüchen in Mehrfamilienhäusern dringen die Täter in etwa 36 Prozent der Fälle durch die Wohnugstür ein. In den oberen Etagen steigt diese Quote auf über 90 Prozent. Deshalb sollte auch die Wohnungstür speziell gesichert werden. „Das Schließblech einer Tür ist das Sorgenkind und die Schwachstelle“, weiß Detlef Reichhardt. Die Nachrüstung mit einem Sicherheitsschließblech ist also in jedem Fall empfehlenswert. Aber auch bei Türen gibt es zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, diese abzusichern. „Möglichkeiten sind beispielsweise  auch Türen mit Mehrpunktverriegelungen“, erklärt der Hauptkommissar. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle in Recklinghausen führt zur Haupteinbruchszeit im Winter täglich etwa fünf bis sechs kostenlose Beratungen durch. Dabei erklären sie den Interessierten alles rund um die Themen Einbruchschutz und Brandschutz und helfen zudem dabei, den passenden Fachbetrieb für die Umsetzung der Arbeiten zu finden. „Schon einfache technische Maßnahmen können das Einbruchrisiko erheblich reduzieren“, erklärt Detlef Reichhardt.

Auch in der Nachbarschaft gilt: Halten Sie die Augen offen. Achten Sie auf Fremde im Haus oder auf dem Nachbargrundstück und sprechen Sie sie an. Lassen Sie immer schon zur Dämmerung die Rolladen herunter. So können potenzielle Einbrecher nicht erkennen, ob jemand zu Hause ist oder nicht. Wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, scheuen Sie sich nicht die Polizei über den Notruf 110 zu alarmieren. go


Weitere Informationen zum Thema Einbruchschutz und individuelle Beratungstermine erhalten Sie bei der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle, Heilige-Geist-Str. 14, Recklinghausen, Telefon (02361) 553344, www.polizei-beratung.de.

Zurück