Kirchhellen
Die Geschichte des Ekeler Kirchwegs in Kirchhellen ist eng verbunden mit dem Brand der alten Pfarrkirche in Kirchhellen 1917
Ein Durchgang mit Jahrhundertealter Geschichte mitten im Dorfkern.Foto: aureus GmbH - Julia Liekweg

Ein Stück Kirchhellener Dorfgeschichte

Der Ekeler Kirchweg - Der unscheinbare und schmale Durchgang im Dorfkern

Kirchhellen -

„In vielen verschiedenen Gesprächen habe ich festgestellt, dass es Kirchhellener gibt, die gar nicht wussten, wie dieser schmale Durchgang heißt. Dabei ist der Ekeler Kirchweg ein Zeugnis der Geschichte“, erzählt Dr. Hans Reers der Gründer der Dorf-Apotheke.

Sein Entschluss war schnell klar: Dieses Stück Geschichte bekommt seinen Namen zurück.

Der Ekeler Kirchweg beginnt seine Geschichte vor mehr als 100 Jahren und war der direkte Weg für die Bauern aus Ekel und Hardinghausen zur damaligen alten Pfarrkirche in Kirchhellen. Von der alten Kirche zeugt heute lediglich noch der Name Alter Kirchplatz sowie eine Infotafel. Und eben der Ekeler Kirchweg, dessen Wegeführung sich seit damals nicht verändert hat. Jan Marien, der das Projekt Historisches Kirchhellen mit dem Verein für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen betreut, erklärt: „Der Ekeler Kirchweg zog sich damals vom Alten Kirchplatz die heute noch sichtbare Wegeführung entlang bis zur Schulstraße und von dort dann Richtung Norden. Die Umgebung des Weges hat sich natürlich mittlerweile verändert. Dort, wo heute die neuen Gebäude stehen, zogen sich früher viele kleine Fachwerkhäuser die Kirchhellener Wege und Straßen im Dorfkern entlang.“ Eines dieser kleinen Fachwerkhäuser steht beispielsweise noch heute und gehört mittlerweile zur Dorf-Apotheke.

Während sich das Kirchhellener Leben heute zumeist auf der Hauptstraße und dem Johann-Breuker-Platz abspielt, war der sogenannte „Dorfdrubbel“ früher an der Senheimer Straße auf Höhe des Alten Kirchplatzes, quasi an der Rückseite der heutigen Dorf-Apotheke. Der Kirchenbrand von 1917 und der Zweite Weltkrieg einige Jahre später tragen Schuld daran, dass große Teile des damaligen Dorfzentrums zerstört wurden – und Kirchhellen damit ein Stück seiner Dörflichkeit verlor.

Der große Kirchhellener Kirchenbrand von 1917

Die alte Pfarrkirche Kirchhellen steht heute dort, wo das Mahnmal der Gefallenen der beiden Weltkriege nun seinen Platz hat.
Foto: Privat - Dr. Rainer Weiß

Mehrere hundert Jahre alt war die Pfarrkirche, die auf dem Platz an der Oberhofstraße thronte, auf dem heute das Kriegsdenkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege ist. „Die Pfarrkirche wurde um 1200 oder 1250 gebaut. Es natürlich sehr schade, dass dieses Stück alter Kirchhellener Geschichte heute nur noch in Form eines Platzes in Erinnerung bleibt“, fährt Jan Marien fort. Die Ursache des Brandes von 1917, der den gesamten Innenraum samt Interieur sowie den Kirchturm und das Dach zerstörte, ist bis heute ungeklärt. „Ein unbewiesenes Gerücht besagt, es seien zwei auswärtige Burschen gewesen. Wirkliche Anhaltspunkte gibt es hierfür aber nicht, daher gilt der Brand bis heute als nicht erklärbar. Die große Zerstörung, die der Brand aber anrichtete, soll allerdings durch einen starken Ostwind an diesem Tag befördert worden sein, der auch dafür sorgte, das umliegende Häuser von der Glut getroffen wurden.“

Und so kam es zu St. Johannes

Der Abbruch der Kirchenruinen in den 1930er Jahren
Foto: Privat - Heimatverein Kirchhellen

Große Teile der Kirche waren damit also zerstört. Die Ruine wurde allerdings bis in die frühen 1930er Jahre erhalten, lediglich ein provisorisches Dach bekam die ehemalige Katholikenstätte. „Schon 1922 wurde begonnen, aus dem alten Kirchenturm das Fundament der heutigen Kirche St. Johannes in Kirchhellen zu bauen. Die Ruine blieb deswegen erst einmal noch erhalten, weil die Katholiken einen Ort für ihre Gläubigkeit und ihr Gebet brauchten. Die Ruine wurde dann vermutlich abgebrochen, weil der Wiederaufbau zu teuer gewesen wäre. Allerdings war auch der Neubau von St. Johannes eine sehr kostspielige Angelegenheit und nur durch zahlreiche Spenden der Kirchhellener möglich“, sagt Jan Marien. „Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass die alte Pfarrkirche auf Dauer zu klein geworden wäre. Mit einer steigenden Zahl an gläubigen und kirchentreuen Katholiken hätte die alte Kirche einfach nicht genügend Platz geboten und eine neue Kirche hätte vielleicht sowieso gebaut werden müssen. Heutzutage allerdings ist die Zahl der katholischen Kirchengänger wieder zurückgegangen, sodass der Platz vielleicht wieder ausgereicht hätte.“

Vermutungen legen aber auch nahe, dass die Kirche wahrscheinlich ohnehin der Bebombung des Zweiten Weltkrieges zum Opfer gefallen wäre. Jan Marien hat recherchiert: „1943 wurde eine Luftmine auf den Alten Kirchplatz abgeworfen. Wenn es den Brand fast 30 Jahre vorher nicht gegeben hätte, wäre die Kirche wahrscheinlich dadurch dann zerstört worden. Belegen und wissen kann man das aber alles nicht. Rückblickend betrachtet ist es allerdings schade, dass von einem solch alten Stück Geschichte nichts als Aufsätze, alte Bilder und der Name des Platzes übrig sind. Umso schöner ist es daher, dass wir den Ekeler Kirchweg noch haben, der sowohl den Krieg als auch wachsende Bebauung im Dorfkern überlebt hat.“

Der weite Weg in die Kirchhellener Dorfmitte

Noch bis heute sind die Überbleibsel des Ekeler Kirchweges in der Dorfmitte direkt neben der Dorf-Apotheke Kirchhellen zu sehen.
Foto: aureus GmbH - Julia Liekweg

Der Ekeler Kirchweg war für die Bauern der damals noch Bauernschaften Ekel und Hardinghausen eine wichtige Verbindung zum Dorfkern. Heute gehören diese Gebiete als zwei von sieben Ortsteilen zu Kirchhellen. Trotz wachsender Infrastruktur, Bebauung und Bewohnung ändern sich manche Dinge nie, denn Jan Marien erklärt weiter: „Ekel hat nie eine eigene Kirche bekommen – bis heute nicht – und das, obwohl es bereits Planungen dafür gab. Heute hat der Ortsteil immerhin einen eigenen Kindergarten. Die einzige Möglichkeit für die gläubigen Katholiken bestand also damals einzig und allein darin, den Weg bis in den Kirchhellener Dorfkern auf sich zu nehmen, um hier die alte Pfarrkirche zu besuchen.“ Wieso genau aber der Kirchweg bloß das Attribut „Ekeler“ im Volksmund bekommen hat, kann sich der Heimatforscher auch nicht ganz erklären. „Eigentlich müsste er ja Ekeler und Hardinghauser Kirchweg heißen. Aber vielleicht war der Name am Ende einfach zu lang“, überlegt er schmunzelnd. Anhaltspunkte dafür, dass der Ekeler Kirchweg als offizielle Straßenbezeichnung existierte, gebe es allerdings nicht, erklärt Jan Marien weiter. „Die Straßennamen hier wurden erst 1934 eingeführt und die Bezeichnung für den Ekeler Kirchweg gibt es nur aus mündlicher Überlieferung beziehungsweise wird er so in einem Artikel von Hans Büning erwähnt.“

Dr. Hans Reers wurde durch ein Gespräch mit Jan Marien dazu motiviert, dem Weg seinen Namen nicht nur zurückzugeben, sondern vor allen Dingen für jeden gut sichtbar zu machen. „Jan Marien fragte mich einmal, ob ich denn wüsste, dass dieser kleine Durchgang vom Kirchplatz zur Senheimer Straße einen Namen trage. Ich wusste das nicht. Viele Kirchhellener, wie ich feststellte, aber auch nicht. Der Weg ist aber so eng mit der Geschichte Kirchhellens verbunden, dass er gut sichtbar seinen Namen tragen sollte“, erzählt der mittlerweile pensionierte Apotheker. Inzwischen sind die Schilder aufgestellt und so positioniert worden, dass man sie sowohl vom Johann-Breuker-Platz als auch von der Oberhofstraße gut sehen kann.

Kirchhellen im Wandel der Zeit

„Kirchhellen hat sich vor allem durch die enge Bebauung in der Dorfmitte verändert. Nachdem der Brand die alte Pfarrkirche zerstörte und der Zweite Weltkrieg im Dorf sein Übriges tat, waren nicht mehr viele Fachwerkhäuser übrig. Dass die Besitzer die alten Fachwerkhäuser dann auch abgerissen haben, kann ich nur verstehen. Es ist natürlich schade, dass ein Stück des dörflichen Charakters dadurch verloren gegangen ist, aber es ist teilweise und aus heutiger Sicht auch nachvollziehbar. Neben dem Ekeler Kirchweg beispielsweise stand bis in die 1960er Jahre hinein der Bauernhof Dahlmann. Nun standen rundherum ja schon die neuen Gebäude, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf- und teilweise neu gebaut wurden und mittendrin hatte Bauer Dahlmann noch seinen Misthaufen liegen - direkt zur Hauptstraße ausgerichtet. Dieser musste dann natürlich weichen, denn ein Misthaufen passte nicht mehr in den modernen Bebauungsplan und Anwohner störten sich daran. Der Bauer Dahlmann ist dann in die außerhalb liegende Region Kirchhellens gezogen. Damit war eines der letzten Stücke Landwirtschaft aus dem Dorfkern gewichen und ist bis heute noch ein Grund, wieso die meisten Höfe und landwirtschaftlichen Betriebe eher außerhalb zu finden sind“, weiß Jan Marien.

 

Mittlerweile zeugen eben nur noch einzelne Überbleibsel wie der Ekeler Kirchweg oder der Alte Kirchplatz von der Jahrhundertealten Geschichte Kirchhellens. Hier und da findet man auch noch ein altes Fachwerkhaus, wie eben das, dass bis heute noch am Alten Kirchplatz/Ecke Oberhofstraße steht. Mit der Zerstörung durch Brand und Krieg aber lassen einige Teile des Dorfes nur noch vermuten, wie das Leben vor 100 oder 200 Jahren in Kirchhellen ausgesehen haben mag.

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Julia Liekweg

Julia Liekweg

julia.liekweg@aureus.de

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