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Schermbecker Athleten absolvieren den IronMan in Klagenfurt

Alles begann, wie so oft, bei Kilian – „Du kannst mehr, als du denkst!“

Schermbeck - „Um vier Uhr am Morgen des 2. Juli 2017 wirft mich der Wecker aus dem Bett und ich stelle mir die Frage: Warum tust du dir das an?“ Rainer Schikora ist an diesem Tag in Klagenfurt den IronMan gelaufen, geschwommen und gefahren – das heißt 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42,2 Kilometer Laufen. Der 60-jährige Schermbecker hat das in einer fabelhaften Zeit von 13:38:05 Stunden geschafft.

Rainer Schikora läuft seit 21 Jahren, hat bereits elf Marathonläufe absolviert und vier Langstrecken Triathlons gemeistert. Sport zu treiben ist für ihn eine Selbstverständlichkeit, gehört zum Leben wie Zähneputzen.
Dennoch kann es auch immer anders kommen: „Ein Spruch ist mir nie aus dem Kopf gegangen: ‚Nil Desperandum – Das Schicksal kann sich jederzeit wenden.‘ Mir ist klar, dass Gesundheit für dieses Hobby die Grundvoraussetzung ist.“

Gemeinsam mit seinen Sportkollegen aus Schermbeck, Carsten Klein-Bösing und Stefan Lankes, kam vor genau zwei Jahren im Juli 2015 beim Kilian-Schützenfest erneut die Idee zu dieser extremen Herausforderung. Sie einigten sich darauf, es in ihrem „Nuller“-Jahr, angehen zu wollen. 2017 wurde Carsten Klein-Bösing 40, Stefan Lankes 50 und Rainer Schikora 60 Jahre alt. Die Folge: Start in die lange Vorbereitung, um diese Distanz noch einmal zu bewältigen. Ein Paar nüchterne Zahlen drücken ein wenig aus, was in so einer Vorbereitung absolviert wird. Vom 1. Juni 2015 bis 10. Juni 2016 ist der Triathlet 30,08 Kilometer geschwommen, 1.175,07 Kilometer mit dem Rad gefahren und 1.574,33 Kilometer gelaufen. Dafür benötigte er 286 Stunden, verbrauchte 143.506 Kilokalorien und verlor acht Kilo Körpergewicht. „Die Schwierigkeit bestand ja auch darin, neben dem ganz ‚normalen Arbeitstag‘ das Training zu planen und durchzuführen. Und das immer in dem Bewusstsein ‚Du hast nur an der Oberfläche gekratzt‘.“ Am Wettkampftag gab es nach dem Aufstehen um 4 Uhr ein ordentliches Frühstück, um eine Grundlage für den Tag zu schaffen; ein letzter Check des Materials und in aller Herrgottsfrühe ging es schon ins Wasser. Und weil es nicht ganz glatt läuft, kamen schon nach ein paar Schwimmzügen erste Probleme auf: „Die Schwimmbrille war erst nicht dicht, dann drückte sie – alles unangenehm und vor allem kostet so etwas Zeit. Statt der geplanten 1:25 Stunden brauchte ich 1:39 Stunden, bis ich wieder aus dem Wasser stieg.“ Jeder „normale“ Sportler würde nun etwas trinken, duschen und einen Kaffee trinken; die Triathleten stiegen jedoch aufs Rad. Und 180 Kilometer in Österreich heißt auch einige Höhenmeter…

Nach 6:25 Stunden war die erste Runde geschafft – es folgten weitere 90 Kilometer. „Das ist dann schon die besondere Herausforderung, sich nach dem Radfahren noch auf die Marathonstrecke zu begeben. Aber das Laufen liegt mir im Grunde besonders, so dass ich die Strecke recht gut angegangen bin“, sagt Rainer Schikora. Auf der Lauftrecke ging es mit 5:20 min/km los, nach 15 Kilometern ließ dann doch die Wirkung der auf dem Rad getrunkenen Gels nach, nun hieß es jeden Verpflegungspunkt mitnehmen. Das Tempo reduzierte sich auf 6 min/km, dann 6:20 min/km, die anhaltende Schwüle forderte nicht nur bei den Athleten, auch bei den Zuschauern ihren Tribut. Und obwohl er später ein bisschen langsamer wurde, hat er den Weg zum Ziel genossen. „Viele Kinder standen an den Verpflegungsstationen und reichten Schwämme, Trinken und Gels an und mancher der Zwerge gab sogar seinen fachmännischen Rat mit. Auf den letzten Kilometern nahm ich mir die Zeit und bedankte mich bei den Kurzen für den tollen Einsatz.“ Und dann war es soweit: „Der letzte Kilometer, gleich im Zielkanal, die Stimme des Moderators klang schon an meinem Ohr und links rum, Zuschauer hielten die Hände zum Abklatschen in den Laufweg, dann wieder links rum, da war das Ziel-Tor, es ging durch die Cheerleader, Abklatschen mit dem Moderator (der muss schon eine dicke Hand gehabt haben), dann die Rampe hoch, 13:38:05 h geschafft und von einer nach der anderen Endorphin-Explosion durchströmt.“ Schließlich ist es genau das, warum er sich das antut: „Die Faszination liegt darin, dass der Mensch die Tortur aushält, denn du kannst mehr als du denkst!“ Dazu kommt natürlich auch noch das Selbstdoping auf der Strecke, der Körper ist in einem Zustand, den man nicht beschreiben kann, „man muss das erlebt haben“. Es sind wohl zahlreiche Glücksgefühle im Spiel. gj

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