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Die Hoffnung stirbt zuletzt

2018 ist Schluss mit dem subventionierten Kohleabbau – Die RAG will bereits 2014 weniger Bauhöhen unter bewohntem Gebiet in Betrieb nehmen

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Hunderte von Schienenkilometern führen unter Kirchhellen her, 2018 soll hierüber die letzte Kohle transportiert werden.

Ende 2018 ist Schicht am Schacht, auch in Kirchhellen. Nach der gestrichenen Revisionsklausel steht das Ende des subventionierten Steinkohlebergbaus in Deutschland zwar nicht unmittel-, aber absehbar bevor. Auch wenn im Bergwerk Haniel noch ein Funken Hoffnung keimt. „Aus Sicht eines Markscheiders und eines Bergwerkdirektors ist es eben unglaublich schwer, sich mit dieser Situation der Schließung abzufinden“, sagt Wolfram Zilling, Bergwerksdirektor des Bergwerk Prosper-Haniel, „die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Wohl oder übel müssen sich die Verantwortlichen aber mit dem Ende des Bergbaus auseinandersetzen. Ein entsprechender Ausstiegsplan wurde daher nun vorbereitet. Dieser sieht vor, die Abbautätigkeit im Baufeld Prosper Nord zu reduzieren und auf die Abbaufelder Haniel West und Ost zu verlagern. Damit würde ab 2014 weniger Kohle unter bewohntem Gebiet abgebaut werden.

Eine Forderung, die der IBB (Initativkreis Bergbaubetroffener Bürger) schon lange an die Verantwortlichen stellt. „Die schwerpunktmäßige Verlagerung der Abbauaktivität unter der Reduzierung des Abbaudrucks auf das Baufeld Prosper-Nord ist grundsätzlich zu begrüßen“, sagt Michael Farin in einer Stellungnahme des IBB. Forderung ist und bleibt aber ein kompletter Abbauverzicht für das genannte Baufeld. „Sollte das Bergwerk diesen Verzicht nicht realisieren, erwarten wir hierfür die auch vom politischen Umfeld bereits mehrfach eingeforderte stichhaltige technische und wirtschaftliche Begründung“, sagt Michael Farin.

Fest steht, ab 2014 soll es weniger Bauhöhen im Abbaufeld Prosper Nord geben. Während man dort im Moment mit acht Bauhöhen aktiv ist, werden es bald nur noch drei bis vier sein. Im Bereich Grafenwald soll es dann wenige bis gar keine Abbautätigkeiten mehr geben. Und auch im Randgebiet zu Kirchhellen sollen die Tätigkeiten deutlich eingeschränkt werden.

 

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Minister Harry Voigtsberger (Mitte) kam im Juni nach Bottrop, um sich hier ein Bild zum Thema Bergbauaussstieg zu machen.

Zu Bergsenkungen wird es aber trotz allem kommen. „Wir werden aber das Maximum an Senkung nicht ausreizen müssen, sondern dies um ein bis zwei Meter unterschreiten“, sagt Joachim Bock, Leiter der Markscheiderei. Damit sei man letztlich auch der Bitte des Oberbürgermeisters Bernd Tischler nachgekommen, der in einem Schreiben an die Werksdirektion des Bergwerks darum gebeten hatte, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger die Anzahl der Bauhöhen im Baufeld Prosper Nord zu reduzieren. Den neuen Abbauplan habe man draufhin verfasst und keinesfalls aus der Schublade gezogen. „Es ist nicht so, dass wir längst darüber nachgedacht haben, die Abbautätigkeit im Feld Prosper Nord zu verringern“, sagt Wolfram Zilligen. Die Forderungen des IBB haben da wohl in den vergangenen Jahren keine Wirkung gezeigt.

Große Fürsorge legen die Verantwortlichen hingegen bei dem Umgang mit den noch vorhandenen Flözen an den Tag. Die guten Lagerstätten werden dabei nicht „zerfleddert“, sondern so erhalten, dass auch nach 2018 damit noch jemand etwas anzufangen weiß. Schließlich könne man jetzt noch nicht abschätzen, wie sich beispielsweise die Energiepolitik bis 2018 entwickle. Zudem sind bereits so genannte Referenz- oder Forschungsbergwerke im Gespräch. Dazu stattete Minister Harry K. Voigtsberger dem Oberbürgermeister Mitte Juni einen Besuch ab. „Auch wenn der Bergbau 2018 ausläuft, müssen wir trotzdem das Wissen hier in NRW erhalten. Die Fachkräfte werden auch nach dem Ausstieg gebraucht“, sagt der NRW-Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr.

Rahmenbedingung für ein solches Referenzbergwerk sei zum einen, dass es ohne Subventionen auskommt, dabei aber voll funktionsfähig sei ohne die geförderten Kohlen in den Wettbewerb zu bringen. Ob dafür eines der hiesigen Bergwerke in Frage kommen würde, dazu äußerte sich Harry Voigtberger nicht. Bis 2013 wolle man aber entschieden haben, ob es überhaupt ein Referenzbergwerk geben könnte.

 

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Bergbaugeschädigte Häuser gibt es in Kirchhellen an vielen Stellen; der IBB setzt sich daher für einen Abbaustopp ein.

Das könnte aber auch teuer werden. Denn die derzeitigen von der EU bewilligten Subventionen laufen unter dem Titel „Stilllegungshilfen“ und nicht wie vor 2010 unter „Betriebshilfen zur Absatzförderung“. Sollte es nach 2018 also nicht zu Stilllegung kommen und damit die europäischen Richtlinien nicht eingehalten werden, müssten nach der strikten Rückforderungsregelung der EU die geleisteten Subventionszahlungen rückerstattet werden.

Im Sinne der sozialen Marktwirtschaft ist die Subventionierung nicht wettbewerbsfähiger Branchen generell nicht vertretbar, ebenso wenig wie etwaige Milliarden Rückzahlungen an die EU. Derzeit überarbeitet das Bergwerk die Abbauplanungen. Dieses erfolgt in Abstimmung mit der Bezirksregierung Arnsberg sowie unter Beteiligung der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange. Dabei werden insbesondere die ökologischen Auswirkungen in der Kirchheller Heide berücksichtigt und bisher durch den bestehenden Monitoringarbeitskreis begleitet. Nach den Sommerferien wollen die Verantwortlichen des Bergwerks Prosper-Haniel dann jedenfalls alle Bürger zu einer Versammlung einladen, bei der mögliche Änderungen am neuen Rahmenbetriebsplan diskutiert werden können. Erst dann soll der Plan an die Bezirksregierung in Arnsberg weitergereicht werden.

Und so stirbt eben auch für den IBB die Hoffnung zuletzt, die Hoffnung auf einen kompletten Abbauverzicht unter bewohntem Kirchhellener Gebiet, so wie es der IBB schon seit Jahren fordert. gk

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