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Das Erntejahr 2018 in Schermbeck

Ein Drittel weniger Ernte, das kommt etliche Bauern teuer – Der Mais bildet teilweise nicht einmal Kolben, weil es so trocken ist

Der ISL-Sprecher Rainer Kremer ist Landwirt aus Leidenschaft. Foto: Katharina Boll

Schermbeck - Der heiße Sommer 2018 hat Folgen. Die wochenlange Dürre auch in unserer Region sorgt für eine magere Erntebilanz bei Schermbecker Landwirten. Diese müssen teilweise sogar mit Ernteausfällen kämpfen. Weniger Getreide, weniger Mais und weniger Futter für die Tiere sind die Folgen. Wir haben mit Rainer Kremer, Sprecher der Interessengemeinschaft Schermbecker Landwirte (ISL), über das schlechte Erntejahr 2018 gesprochen.

Klar, es den Landwirten wettertechnisch recht zu machen, ist nicht immer einfach. Oft ist es zu nass, manchmal zu kalt und manchmal zu heiß. Aber die Situation in diesem Jahr ist für viele Landwirte schon sehr bedrohlich. „Es gab in diesem Jahr zwar keine Unwetter, Überschwemmungen oder Stürme. Aber hier im Nordwesten gabe es auch keinen Regen. Die langanhaltende Trockenheit und die Hitze sorgen dafür, dass unsere Böden immer mehr austrocknen“, weiß ISL-Sprecher Rainer Kremer, der einen Milchviehbetrieb und Bullenmast im Dämmerwald betreibt. Auf dem Familienbetrieb wohnen vier Generationen, die von der Landwirtschaft leben. Außerdem hat der Vollblutlandwirt noch einen Auszubildenden und zwei Mitarbeiter, die ihm helfen. Gemeinsam kämpfen sie mit den Folgen des heißen Sommers. Das Problem betrifft sowohl die Acker- wie auch die Milchbauern. Besonders die Auswirkungen auf die Getreideernte und die Futterproduktion sind gravierend.

Extrem früher Erntebeginn

„Schon der Juni war viel zu trocken, was sich auf die Getreideernte negativ auswirkte“, erklärt der Landwirt. Normalerweise beginnt die Getreideernte erst im Juli. In diesem Jahr wurde schon Ende Juni geerntet, da die Pflanzen aufgrund der Hitze notreiften. „Die Gerste hat es nicht zu schlimm erwischt, da sie noch etwas vom Frühlingsregen abbekommen hat. Jedoch der Weizen und die Triticale hatten keine Chance. Sie haben nicht genügend Wasser bekommen“, weis Rainer Kremer. Das bedeutete rund 25 Prozent Ertragseinbußen im Gegensatz zu den vorherigen Jahren.

„Da das Getreide schon so früh geerntet wurde, haben wir direkt mit den Bodenbearbeitungen für das Feldgras begonnen. Doch dann mussten wir vier Wochen warten, bis es regnet. Denn im Staub kann man nichts säen“, erklärt der ISL-Sprecher. Die lange Wartezeit führte dazu, dass das Feldgras nur einmal geschnitten werden konnte und nicht wie sonst üblich zwei Mal.

Futterknappheit

Aufgrund der langen Trockenheit wurde die Futterversorgung für tierhaltende Betriebe immer angespannter. Die Grundfutterernte ist massiv eingebrochen. „Vom Grünland, das normalerweise vier bis fünf Mal im Jahr gemäht wird, konnte oft nur der erste Schnitt gemacht werden. Der zweite Schnitt war schon deutlich dürftiger. Der dritte und vierte Schnitt fielen komplett weg, da es aufgrund der Trockenperiode kein Wachstum mehr gab“, erklärt der Landwirt. Auch auf den Weiden haben die Kühe nicht genug Gras. Kahle und braune Stellen sind das Ergebnis der Dürrezeit.

„Der Silomais ist zunächst gut gekeimt. Doch im Juli, wenn er seine Kolben ansetzt, braucht er Wasser. Da es in der Zeit keinen Regen gab, bildete sich teilweise nicht einmal ein Kolben“, betont Rainer Kremer. Der Ertrag ist hier über die Hälfte zurückgegangen. So sind die Milchviehhalter gezwungen, bereits ihre Wintervorräte zu verfüttern, und müssen zusätzlich Futter zu hohen Preisen zukaufen.

Gerd Graaf erinnert sich noch an den heißen Sommer im Jahr 1976 und erzählt, wie es damals für die Landwirte war. Foto: Katharina Boll

Kleine Kartoffeln, noch kleinere Rüben

Auch der Kartoffel- und Zuckerrüben-Ernte hat der heiße Sommer geschadet. Die Kartoffeln sind in diesem Jahr deutlich kleiner. Und auch die Zuckerrüben, die auf unbewässerten Feldern gewachsen sind, konnten sich nicht vernünftig entwickeln.

Billigpreise im Handel

Ein Problem, das nicht neu ist, jedoch in schlechten Erntejahren immer wieder in den Fokus tritt, sind die Billigpreise im Handel. „Seit 1984 bekommen wir Landwirte etwa den gleichen Preis für unsere Milch und unser Schweine- und Rindfleisch. Damals waren es bis zu 80 Pfennig für den Liter Milch. Aktuell inklusive Mehrwertsteuer 36 Cent, wobei es in den vergangenen zwei Jahren noch schlechter war“, erzählt Rainer Kremer. Davon, dass die Preise in den Supermärkten stetig steigen, bekommen die Landwirte an sich nichts mit. „Bei Kartoffeln ist es beispielsweise oftmals so, dass der Preis über den Ernteertrag festgelegt wird. Das Gleiche würde ich mir für Milch und Fleisch auch wünschen. Es ist ganz wichtig, dass wir zu fairen Preisen kommen, die auch in vollem Umfang unsere Produktionskosten abdecken. Wir wollen nicht auf Beihilfe zurückgreifen müssen.“

Die Globalisierung des Marktes

Auch der Schermbecker Landwirt Gerd Graaf hat in diesem Jahr mit dem trockenen Sommer zu kämpfen. Er baut neben Mais und Rotebeete auch Kürbisse und Kartoffeln an. „Den Mais hat es auch bei uns am schwersten getroffen. Rund 30 Prozent Ertragseinbußen mussten wir hier verzeichnen“, erzählt der Landwirt. „Aber auch die Kartoffelernte ist so schlecht wie seit 20 Jahren nicht mehr.“ Ein wirtschaftlich schwieriges Jahr für alle Landwirte. Doch Not macht nicht nur erfinderisch, sondern man hilft sich auch, wie uns Gerd Graaf berichtet: „Ich konnte nicht mehr zusehen, wie traurig die Rotebeete aussah. Dann habe ich versucht, mit einem Wasserfass sie zu bewässern. Das hat nicht so wirklich funktioniert. Zum Glück kam mein Nachbar und hat mit seiner Wasserversorgung ausgeholfen. So konnten wir die Pflanzen vor der Dürre retten.“

„Alle 40 oder 50 Jahre gibt es einmal einen heißen Sommer“, betont Gerd Graaf. „Ich erinnere mich noch gut an den Sommer 1976. Genau wie in diesem Jahr gab es eine sehr schlechte Kartoffelernte. Doch damals hat sich der Preis fast verdreifacht. Für einen Zentner Kartoffeln musste man 40 Mark zahlen. Heute gibt es nur noch moderate Preiserhöhungen für den Verbraucher. Das liegt an der Globalisierung des Marktes.“ Das bedeutet, wenn die Nachfrage nicht mit den regionalen Produkten abgedeckt werden kann, kaufen die Supermärkte aus anderen Ländern dazu. So steigen die Preise für den Verbraucher nicht deutlich. Doch viele Landwirte sind dann auf Subven­tionen vom Staat angewiesen.

Die Bundesregierung und die 14 betroffenen Bun­desländer haben im Oktober eine Vereinbarung zu Dürrenothilfen für Bauern unterzeichnet. Der Bund und die Länder stellen dafür jeweils 170 Millionen Euro bereit. „Das hört sich erst einmal viel an. Doch wenn man das auf die einzelnen Landwirte aufteilt, bleibt am Ende nicht viel über“, erklärt Gerd Graaf. „Ich würde mir wünschen, dass die Landwirte eher Unterstützung erhalten in Bezug auf Versicherungen. Das ist viel kalkulierbarer für den einzelnen.“ Denn der Schermbecker Landwirt weiß, schwierige Wetterverhältnisse gibt es immer wieder, deshalb sollten die Landwirte abgesichert sein. kb

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