Wer glaubt, die Tätigkeit eines Ordnungsamtsleiters sei ein „trockener“ Bürojob, der irrt gewaltig. So manche Witze über Beamtentätigkeiten prallen an der Tür des Büros direkt ab. Fast sein halbes Leben – nämlich knapp 30 Jahre – hat Bernhard Hensel das Ordnungsamt der Gemeinde Reken geleitet. Würde er ein Buch schreiben, stünden darin sicher auch unglaublichste Geschichten.

Foto: Gaby Eggert
Am 16. Dezember beginnt er die Ruhephase seiner Altersteilzeit, auf die er sich auch schon freut. Hensel verbrachte einen Großteil seines Lebens im Ortsteil Groß Reken innerhalb von 500 Metern um das Rathaus. In diesem Umfeld ist er aufgewachsen, hier begann er seine Ausbildung und fand dort seinen Arbeitsplatz, hier lernte er seine Frau kennen und hier hat er sein Heim bezogen. „Ich habe in meinem Leben nur eine Bewerbung geschrieben“, erzählt er. Als Verwaltungslehrling, so hieß das damals, begann er am 1. April 1966 seine Ausbildung bei dem damaligen Amt Heiden-Reken. Nicht einmal eine Aufnahmeprüfung habe er machen müssen. Die Arbeit im öffentlichen Dienst sei damals nicht so lukrativ gewesen.
Nach Ablegung der Inspektorenprüfung 1976 folgten im Laufe der Jahre seine Ernennungen zum Gemeindeinspektor, Gemeindeoberinspektor, Amtmann, Amtsrat bis hin zum Oberamtsrat. Im Jahr 1979 wurde Bernhard Hensel Amtsleiter des Sozialamtes, im Jahr 1982 wechselte er als Amtsleiter in das Amt für Ordnungs- und Meldewesen. Seit 1974 ist Hensel auch einer der Standesbeamten seiner Heimatgemeinde Reken. Alle Aufgaben aufgelistet ergeben bereits ein buntes Bild des Tätigkeitsfeldes. Das reicht beispielsweise von Aufgaben des allgemeinen Ordnungsrechts (Alltagsstörungen), von der Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt und der Polizei im Bereich Jugendschutz, Unterbringung von Obdachlosen, ntgegennahme von Gewerbeanzeigen, Verwaltung sämtlicher Angelegenheiten der Feuerwehr und der Rettungswache, Entgegennahme von Einbürgerungsanträgen, Einweisung psychisch kranker Menschen oder auch Tierhaltung und Artenschutz (vornehmlich Hunde) oder den Bereich der Abfallwirtschaft bis hin zur Organisation des Winterdienstes.
Zu den normalen Arbeitszeiten im Büro- und Außendienst kommt auch alle drei Wochen eine 24-stündige Rufbereitschaft hinzu. „Das ist schon belastend“, blickt Hensel zurück, der seine letzte Rufbereitschaft bereits hinter sich gebracht hat. Obwohl diese Bereitschaft durch die Einführung des Handys eine Erleichterung bedeutete. Vorher konnte er an den Tagen das Haus nicht verlassen oder musste an der Kreisleitstelle Borken hinterlassen, wo er erreichbar ist. Das bedeutet, immer parat stehen, bei Feierlichkeiten auf ein Bierchen verzichten und in Kauf nehmen, dass man von Privatunternehmen weggerufen wird. Bernhard Hensel betont: „ Das geht nicht, wenn die Familie nicht hinter einem steht“.
Diese Einschränkung der persönlichen Freizeit habe er aber immer akzeptiert. Aber wenn dann nachts um halb zwei jemand anrufe, der einen Fundhund melde, was durchaus vorkomme, werde er doch etwas ärgerlich. So bunt wie das Leben, so bunt sind auch seine Erlebnisse, mit denen er im Laufe seiner Dienstjahre konfrontiert wurde. Hensel erinnert sich beispielsweise an den Anruf einer Dame, die von ihm einen Babysitter vermittelt haben wollte. „Nachdem ich ihr begreiflich machen konnte, dass das Ordnungsamt keine Babysitter vermittelt, fragte sie mich, ob ich denn nicht Zeit dazu hätte“, berichtet er lachend.

Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de
Auch ein entlaufendes Känguru, das im damaligen Mun-Depot in Hülsten gesichtet wurde, gehört zu seinen nicht alltäglichen Fällen, so wie der Bombenfund in den 90-er Jahren, der eine Evakuierung eines großen Teils der Bewohner in einem bestimmten Umkreis Groß Rekens nach sich führte. „Das sind Fälle, die vergisst man nicht“, so der Ordnungsamtsleiter. Die Arbeit sei in den letzten 30 Jahren nicht leichter geworden. „Die Menschen hatten früher einen gewissen Respekt; heute sind sie prozessfreudig“, das erfährt Hensel immer wieder. Dadurch sind auch (Nachbarschafts-)Streitigkeiten nur mit viel Fingerspitzengefühl beizulegen. „Ich versuche meist eine Anzeige erst einmal abzuwehren und die Sache durch ein Gespräch lösen zu lassen“, so Hensel wohlwissend, das er sonst in einem Wohnbereich einen „Dauerbrandherd“ habe.
So hat er mit eigener List vor vielen Jahren einen „Fall“ gelöst, für den er sich morgens um fünf Uhr ins Maisfeld stellte, um einen Sachverhalt zu überprüfen. „Wenn mich da jemand gesehen hätte, ich weiß nicht, was da für ein Gerücht aufgekommen wäre“, erinnert er sich lachend. Ein Ordnungsamtsleiter muss sich in einer Fülle von Rechtsbereichen auskennen. „Man muss wissen, wo was steht, oder wissen, wo Kollegen in anderen Behörden sind, die besondere fachspezifische Kenntnisse besitzen und die man anrufen kann“, so Hensel, der demnächst in sein eigenes Bücherregal schauen kann, wo was steht. Denn er freut sich darauf, dem Hobby Lesen in Zukunft mehr Zeit einräumen zu können. Auch Kurzreisen erhalten mehr Raum in seinem Leben und natürlich die ehrenamtlichen Aktivitäten beim Schützenverein und dem Verein ehemaliger Soldaten sowie dem Heimatverein, dessen Vorsitz er seit 16 Jahren inne hat. Hensel: „Und schließlich warten auch noch zwei Enkelkinder darauf, dass Opa mehr Zeit hat, mit ihnen zu spielen und Blödsinn zu machen“. geg