Kirchhellen - Am 10. Mai 1940 vibrierte die Luft in Kirchhellen. Schon früh am Morgen war das Dröhnen von landenden und starteten Flugzeugen zu hören. Am Feldflugplatz Kirchhellen nahmen die Maschinen Fallschirmspringer auf und flogen Richtung Holland zum Angriff. Bombardiert wurden unter anderem ein Barackenlager und Verteidigungsstellungen an den Ufern der Maas. Dieser Einsatz sollte den Fallschirmjägern, die kurze Zeit später bei den Brücken von Moerdijk absprangen, die Aufgabe erleichtern. Ziele waren außerdem belgische Feldstellungen und Truppen entlang des Albertkanals bei Munsterbilsen und eine Autobahn in Holland. Als Ausgangspunkt der Angriffe spielte der Feldflugplatz Kirchhellen eine wichtige strategische Rolle. Gemeinsam mit dem Verein für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen und mit Hans-Josef Lehrich, der viele Recherchen zum Flugplatz betrieben hat, werfen wir einen Blick auf die Geschichte des Flugplatzes.

Foto: Privat
Mit dem Bau des Flugplatzes wurde bereits im Jahr 1925 begonnen. Zwischen 1925 und 1929 wurde zunächst das Sumpf- und Moorgebiet Schwarze Heide trocken gelegt. Außerdem brachte man anschließend in den Jahren 1934 und 1935 Klärschlamm des Klärwerks Bottrop auf das zukünftige Rollfeld auf, um den sumpfigen Boden zu verbessern. 1939 wurde das Rollfeld mit Schotter ausgebaut. „Darüber kam eine Erdschicht und Rasen, damit das Rollfeld von oben nicht zu erkennen war“, erklärt Hans-Josef Lehrich. Der Grafenwälder beschäftigt sich schon seit langem intensiv mit dem Flugplatz und seiner Geschichte und trägt alles zusammen, was sich zu diesem Thema finden lässt. Dazu gehören Fotos, Flugbücher und Berichte von Zeitzeugen. „Die Landwirte im Bereich des Flugplatzes wurden enteignet“, weiß Hans-Josef Lehrich.
Bei Kriegsausbruch im Jahr 1939 wurden einzelne Maschinen nach Kirchhellen verlegt und eine Luftnachrichteneinheit am Flugplatz stationiert. Außerdem führte das Nationalsozialistische Fliegerkorps (NSFK) hier Segelflugausbildungen durch. Ein Lehrgeschwader übte auf einer Wiese an der Hiesfelder Straße den Abwurf von Zementbomben.
Von Sommer 1940 an wurde es ruhiger auf dem Fliegerhorst in Kirchhellen. Die Verbände der Luftwaffe verlegten in die besetzten Gebiete. Am Fliegerhorst war der Reichsarbeitsdienst beschäftigt. In dieser Zeit baute man den Flugplatz weiter aus. Sanitäranlagen, Flaktürme, Baracken und Fundamente wurden angelegt. Dabei betrieb man viel Aufwand, um den Flugplatz zu tarnen. Damit er von oben nicht wie ein Flugplatz aussah, wurde ein Scheinbauernhof mit Stallungen angelegt. Man stellte Pferde und Kühe aus Pappmaché auf und bewegte sie jeden Tag hin und her. Außerdem grasten Schafherden auf dem Wiesenabstellplatz und es wurde Getreide angepflanzt und im Sommer geerntet. Das alles, damit der Flugplatz möglichst unauffällig aussah.

Foto: Privat
1944 hatte sich die Lage verändert und die Flugplätze im Westen wurden wieder gebraucht. Im Sommer 1944 wurden tagsüber Nachtjäger von Volkel in Holland nach Kirchhellen verlegt. Auch mehrere Jagdgeschwader kamen zum Kirchhellener Flugplatz. Denn nun flog man von Kirchhellen aus Angriffe auf Holland, Belgien und Frankreich. Von Anfang Februar bis Mitte März 1945 flogen Flieger von Kirchhellen aus Angriffe auf alliierte Konvois und strategische Ziele. Unter anderem war die Brücke von Remagen Ziel der Piloten.
Nicht alle Flugzeuge kamen von den Angriffen unbeschadet zurück. Die toten Besatzungsmitglieder wurden alle auf dem Friedhof in Kirchhellen begraben. Die Gräber sind auch heute noch dort zu finden. Ebenso wie die Gräber der Flieger, die bei Abstürzen und Zusammenstößen ums Leben kamen. Etwa 25 Fliegergräber finden sich auf dem Friedhof in Kirchhellen.
Von Frühjahr 1944 bis Frühjahr 1945 bekam ein Unternehmen aus Kirchhellen den Auftrag, den Flugplatz weiter auszubauen. Es wurde eine lange und breite Rollbahn angelegt. Um die Mengen an Schotter, Teer und anderen Materialien heranzuschaffen, wurde der Gleisanschluss der Westdeutschen Quarzwerke genutzt. Sie hatten einen Gleisanschluss zum Bahnhof Dorsten. Der endete an der Gahlener Straße. Die Brücke gibt es noch. Von dort wurde ein Schmalspurgleis zum Flugplatz verlegt.
Am 28. März 1945 marschierten die Alliierten in Kirchhellen ein. Zuvor wurden die letzten Maschinen vom Flugplatz abgezogen und vieles am Flugplatz wurde gesprengt und unbrauchbar gemacht. Der Flugplatz wurde von den Amerikanern eingenommen und wieder hergerichtet, so dass er für die Beförderung von Verletzten und Material wieder nutzbar war. go
Weitere Informationen über Kirchhellen zu Zeit des Zweiten Weltkrieges finden Sie in Nummer 31 der Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen „Die braunen Jahre in Kirchhellen. 1933 bis 1945“. Wer Bilder oder Informationen zum Flugplatz aus der Zeit hat, kann sich an Hans-Josef Lehrich unter der Telefonnummer (02045) 7474 wenden.