Gladbeck
Hannelore Eisenberg kümmert sich liebevoll um die kleinen nachtaktiven Tierchen.Foto: Nicole Gruschinski

Krankenstation für kleine Kobolde der Nacht

Hannelore Eisenberg kümmert sich um Fledermäuse in Not und opfert dafür viele Stunden Schlaf

Gladbeck -

Pferde waren als Kind schon nicht so die Sache von Hannelore Eisenberg, eher kleine Hamster. Doch mittlerweile auf den Rollstuhl angewiesen, waren Hamster nicht mehr das ideale Haustier. Fledermäuse kamen als Alternative in Frage, bzw. die Pflege kranker, verletzter und unterernährter Tiere. So sind nun  Ernestine, Betty, Elsbeth, Harry und viele kleine flatternde Schützlinge ihre Mitbewohner auf Zeit. Derzeit betreut Hannelore Eisenberg 11 Fledermäuse, überwiegend Weibchen,  in ihrer Wohnung in Rentfort-Nord. Alles Findlinge, die aufmerksame Menschen in ihre Obhut gebracht haben.

Der Fledermausexpertin liegt besonders am Herzen, dass die kleinen Tierchen richtig versorgt werden, bis sie in ihre Obhut kommen. Wer am Tag eine Fledermaus findet sollte diese in jedem Fall sichern, besonders natürlich die kleinen Fledermausbabys. Die Babys kommen aus ihren Quartieren auf der Suche nach ihrer Mutter, die unter Umständen nicht von ihrem Ausflug zurück gekehrt ist. In den seltensten Fällen hatte diese jedoch einen Autounfall. Eine größere Gefahr für Fledermäuse sind Katzen. Freigänger sollten nach Möglichkeit, nach Eintritt der Dämmerung, nicht mehr nach draußen. Eines dieser Katzenopfer ist Harry, die Breitflügelfledermaus, eine der wenigen männlichen Patienten. Ihm wäre eine dieser Begegnungen fast zum tödlichen Verhängnis geworden. Zahlreiche helle Stellen auf seinen Flügeln sind narbige Erinnerungen daran. Aber ihm geht es, dank der kundigen Pflegestelle, mittlerweile wieder gut.

Niemals Kuhmilch

Fledermausbabys sind winzig klein und es braucht ein gutes Auge sie nicht zu übersehen. Auf keinen Fall darf man als Erste-Hilfe-Maßnahme den Tieren Kuhmilch verabreichen, da diese aufgrund der Lactoseintoleranz von Fledermäusen tödlich wäre. Mit einem Zangengriff werden die zarten Tierchen an den Flügeln gefasst und  in einem kleinen Karton, oft reicht eine Teeverpackung, gesichert. In den Karton sollten von innen Luftlöcher mit einer Gabel gestochen werden. Die Löcher dürfen nicht zu groß sein, denn Fledermäuse sind wahre Houdinis und können sich aus größeren Löchern unter Umständen befreien. Zusätzlich etwas Toilettenpapier oder Küchenrolle zum Polstern hineinlegen.  Ein Foto von dem Tier machen und möglichst schnell in fachkundiger Hand. Unter der Tel. 0179/5916593 kann man Hannelore Eisenberg  kontaktieren und sich Rat für die Erstversorgung holen und das Tier anschließen zu ihr bringen. In den letzten Tagen kamen innerhalb einer halben Stunde vier Fledermausbabys in ihre Obhut, eines davon hat es leider nicht geschafft.

Als erstes kommen die Findlinge dann in Quarantäne, um zu Verhindern, dass Krankheiten auf die anderen Bewohner der Aufzuchtsstation übertragen werden. Milben sind  relativ oft und müssen erst mal behandelt  werden. „Für Menschen können diese Parasiten nicht gefährlich werden, was mir die Arbeit sehr erleichtert“, so Hannelore Eisenberg. Ganz schwere Fälle kommen allerdings zur Erstversorgung zum Tierarzt, ein kostspieliger Besuch für die studierte Geologin. Daher ist sie auf Spenden angewiesen.

Arbeitsintensive Pflege

Die Pflege der kleinen Fledermäuse ist gar nicht so einfach und sehr arbeitsintensiv. Bis zu einem Gewicht von zwei Gramm müssen sie alle zwei Stunden mit einer Spezialmilch gefüttert werden, bis drei Gramm alle drei und bis vier Gramm alle vier Stunden. Ganz schön viel Arbeit und Zeitaufwand bei 11 hungrigen Mäulern. Doch Hannelore Eisenberg macht das mit viel  Liebe und Zuwendung. Anschließend werden sie langsam an feste Nahrung gewöhnt, Mehlwürmer. Mit ihren kleinen spitzen Zähnchen, die sie im Anschluss an das Milchgebiss mit etwa vier Wochen  bekommen, kein Problem.

Wenn sie groß genug sind und wieder in die Natur zurück können, müssen sie erst noch die Flugtauglichkeitsprüfung absolvieren und die hat es in sich. Das ist ab der sechsten Woche soweit, genau wie in der Natur.  Zuallererst müssen sie natürlich fliegen lernen. Das passiert als Vorsichtsmaßnahme auf dem Bett. Um die Prüfung zu bestehen, müssen sie 20 Minuten am Stück fliegen können. Dabei muss die Wand und anderen Hindernissen ausgewichen werden. Eigenständiges Fressen ist natürlich eine Grundvoraussetzung. Erst wenn alles klappt, entlässt Hannelore Eisenberg sie  in die große weite Welt. Zwergfledermäuse können direkt jagen. Ihre Auswilderungsrate ist sehr hoch, nicht zuletzt, dank ihrer guten medizinischen Ausstattung.

In unserer Stadt findet man fünf Spezies der Gattung Fledermaus vor:

  • Zwergfledermäuse sind die Kleinsten der heimischen Fledermäuse. Die zierlichen Tierchen haben eine maximale Körperlänge von 5,1 Zentimeter und wiegen nur bis fünf Gramm. Zwergfledermäuse leben bevorzugt in Spalten.
  • Breitflügelfledermäuse, diese leben auf Dachböden in Häusern. Sie ist mit bis zu 20 bis 30 km/h eher langsamer unterwegs. Jagen tun sie bevorzugt unter Straßenlaternen und in Gärten oder Parks.
  • Wasserfledermäuse, die am Nordpark zuhause sind und sich dort relativ gut beobachten lassen. Noch, denn mit Einführung der neuen Beleuchtung dort, könnte sich das ändern, da diese Fledermausart empfindlich auf Licht reagiert. Wasserfledermäuse leben auf relativ großen, behaarten Füßen, haben aber eher kurze Ohren. Wer sich ruhig verhält, kann sie auch hören. Ein schnelles, trockenes Rattern im Zweitakt-Rhythmus kündigt die kleinen Flattermäuse an.
  • Abendsegler, bis zu 1.600 Kilometer können diese auf ihren Wanderungen zurück legen und das mit einer Geschwindigkeit bis zu 50 km/h. Sie sind mit einer Größe von 85 Millimeter und einer Flügelspannweite von 32 bis 40 cm die größte heimische Fledermausart. Gejagt wird in Wäldern, über Grünflächen und Gewässern.
  • Kleiner Abendsegler, sie sind etwas kleiner und dunkler als ihre größeren Verwandten. Auch sie jagen in Wäldern, aber auch auf Straßenalleen und unter Laternen kann man sie beobachten. Dabei sind sie so schnell, dass man sie erst sieht, wenn sie unter einer Laterne durch fliegt.

Manchen Menschen sind die kleinen Tiere eher unheimlich, zumindest denen, die zu viel Dracula geschaut oder gelesen haben. Aber die nachtaktiven Geschöpfe sind äußerst nützlich, denn eine ihrer Leibspeisen sind Mücken. Zudem sind sie reine Insektenfresser und am menschlichen Blut nicht wirklich  interessiert. Wer schon mal im Dunkeln Fledermäuse beobachtet hat, wird sich wundern wie schnell diese sich bewegen. Mit bis zu  65 km/h rasen die Zwerge durch die Nacht und das erstaunlich sicher.

Geschützte Arten

Fledermäuse gehören zu den geschützten Arten. Findet man sie beim Haus- oder Umbau, “ kann ein Baustopp verhängt werden“, so Hannelore Eisenberg. Das war vor einigen Jahren in den Häusern der GWG auf der Fritz-Erler-Straße der Fall. Besitzer von Swimmingpool und Teichen sollten zudem eine kleine Ausstiegshilfe hinein geben. „Zwar können Fledermäuse durchaus schwimmen“, so die Gladbecker Fledermausexpertin, „aber sie können nicht vom Wasser aus starten und würden ohne Hilfe irgendwann an Erschöpfung sterben.“

Wer eine Fledermaus findet oder spenden möchte, kann dies bei Hannelore Eisenberg, Berliner Str. 16, Tel.: 0179/5916593 machen.  Auch auf der Seite www.fledermausschutz-kreisrecklinghausen.de und der Tel.: 02043/44354 bekommt man Hilfe.

Foto: Nicole Gruschinski

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Nicole Gruschinski

Nicole Gruschinski

n.gruschinski@aureus.de

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