Foto: aureus GmbH - Aileen Kurkowiak

Mehr Transparenz - Kirchhellener Landwirte treten in den Diskurs mit den Bürgern

Landwirte wünschen sich mehr offene Gespräche mit den Bürgern, um zu einer besseren Aufklärung zum landwirtschaftlichen Umgang mit der Natur und Umwelt beizutragen.

Mitte Januar 2020 versammelten sich Landwirte NRW-weit vor Supermärkten. Mit Traktoren, einem Info-Stand und reichlich Material zur Aufklärung hatten sie sich auf Gespräche mit Bürgern vorbereitet. Auch in Kirchhellen und Bottrop standen sie vor verschiedenen Supermärkten, darunter auch vor unserem Rewe Gödeke an der Schulze-Delitzsch-Straße.

Neben reichlich Info-Material hatten die Landwirte an ihrem Infostand vor der Rewe-Filiale im Dorfkern auch kleine Tüten mit einer insektenfreundlichen Blütenmischung zur Aussaat dabei. „Wir möchten den Leuten zeigen, dass wir Landwirte nicht gegen die Insektenfauna arbeiten“, sagt Franz-Josef Rehring von „Land schafft Verbindung“. „Wir brauchen die Insekten ja genauso wie jeder andere. Das Bestäuben unserer Pflanzen läuft schließlich nicht anders als in heimischen Gärten“, betont der Landwirt. Insgesamt, so erklärt Franz-Josef Rehring weiter, haben die Landwirte in Kirchhellen zusammen eine Fläche von 100 Kilometern an Blühstreifen auf ihren Feldern ausgesät. Das Tütchen mit der Blütenmischung allein ergebe eine Fläche von zehn Kilometern Länge und drei Metern Breite, wenn sie in den Boden eingelassen wird. „Es ist eben wichtig, dass wir den Tieren große Flächen zum Aufhalten bieten. Aber jeder, der auf dem Balkon oder im Garten kleinere Flächen bepflanzt, ist schon eine große Hilfe“, sagt der Junglandwirt Frederik Steinmann. Grünflächen in Städten schaffen, lautet das Motto.

Für ein friedliches Miteinander

Die friedlichen Landwirtschafts-Proteste sind aber nicht nur ein Appell an die Bürger. In den vergangenen Monaten entfachten immer wieder Diskussionen um erhöhte Nitratwerte im Brunnenwasser der Bürger. Als Begründung hierfür wurde unter anderem das Düngeverhalten der Landwirte angeführt, durch das Chemikalien in die Erde, das Grundwasser und schlussendlich in das Brunnenwasser gelangen. „Das ist aber so nicht ganz richtig“, klärt Franz-Josef Rehring auf. Im Jahr 2017 gab es bereits eine Novellierung der Düngeverordnung, durch die allein in Niedersachsen der Einsatz mineralischen Stickstoffs um 70.000 Tonnen reduziert wurde, ebenso wie die Viehbestände rückläufige Zahlen aufwiesen. „Tatsache ist aber auch“, erklärt der Landwirt weiter, „dass wir erst abwarten müssen. Veränderungen solcher Art brauchen Jahre bis Jahrzehnte, bis sie sich in Veränderungen der Messwerte niederschlagen.“

Seit der letzten Analyse des Labormobils des VSRGewässerschutzes sprach man aber erneut von einer notwendigen Anpassung der Düngeverordnung. „Das geht einfach nicht.“ Die Landwirte fordern jetzt einen Aufschub dieser kurzfristigen Erneuerung, um der Novellierung von 2017 erst Zeit zu geben, repräsentative Ergebnisse zu liefern.

„Regional statt Import“

Foto: aureus GmbH - Julia Liekweg

Ein weiteres Problem, das die Landwirte bemängeln, ist das Mercosur-Abkommen, das Deutschland mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay abgeschlossen hat. Durch dieses Freihandelsabkommen werden viele Güter, darunter auch Fleischwaren, aus eben diesen Mercosur-Staaten importiert statt bei regionalen Händlern zu kaufen.„Das passt alles nicht zusammen“, kritisiert Franz-Josef Rehring. Was er damit meint, ist das aktuell steigende Umweltbewusstsein der Bürger, die Forderung nach mehr regionalen Produkten und für einen bewussteren Fleischkonsum. Außerdem sei man durch das importierte Fleisch zusätzlich in der Gefahr, hormon- oder chlorbehandelte Tiere zu importieren und schließlich zu verzehren, erklären die Mitglieder von „Land schafft Verbindung“. Zudem gebe es in anderen Staaten nicht die gleichen Vorgaben zur artgerechten Haltung von Tieren.

Insgesamt kritisieren die Landwirte die Passivität und die mangelnde Aufklärung seitens der Politik. „Wir fordern die bäuerliche Arbeit, Tierwohl, Klimaschutz und Artenvielfalt“, heißt es von den Landwirten. Und dafür brauchen sie Unterstützung aus der Politik, denn von dort müsse mehr Transparenz mit Hinblick auf die Arbeit der Landwirte geschaffen werden. „Wir stehen mit den Bürgern auf der gleichen Seite. Das letzte, was wir möchten, ist, dass wir gegeneinander arbeiten“, betont Franz-Josef Rehring abermals. Daher laden die Landwirte Bürger herzlich dazu ein, Gespräche zu führen, Fragen zu stellen und sich von den Landwirten über die tatsächliche Arbeit aufklären zu lassen. jl

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