Foto: Gundis Jansen-Garz

Geschichten machen Geschichte begreifbar

Zum Jubiläum der Schermbecker Kirche wird eine Ausstellung im Heimatmuseum gezeigt – Sie gibt Einblicke in die Historie des Kirchenbaus

Schermbeck - Zur feierlichen Eröffnung einer neuen Ausstellung lud der Schermbecker Heimatverein Ende März ins Heimatmuseum. Die Ausstellung ist Teil der ganzjährigen Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der St. Ludgerus-Kirche und zugleich die 50. Ausstellung seit der Gründung des Vereins im Jahr 1987. Sie zeigt einzigartige Exponate sowie Schriftstücke, die sowohl die Planung als auch die Durchführung des Kirchenbaus vor 100 Jahren belegen.
 

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Dieses alte Messbuch aus dem Jahr 1895 ist eines der einzigartigen Exponate, die die Ausstellung zeigt.
Foto: Gundis Jansen-Garz

Der Vorsitzende des Heimatvereins Rolf Blankenagel dankte in seiner Eröffnungsrede in erste Linie Hans Zelle, langjähriges Mitglied und ehemaliger Vorsitzender des Vereins, für seine unermüdliche Arbeit zur Erstellung der Ausstellung. „Es gelang ihm, einige verschollene, überraschende Exponate zutage zu befördern, die zum Teil neue Einblicke in diesen Teil unserer Heimatgeschichte gestatten. Das war wirklich Fleiß- und Geduldsarbeit“, sagt Rolf Blankenagel.

Pastor Klaus Honermann, der ebenfalls zur Eröffnung geladen war, dankte im Namen der Pfarrgemeinde Hans Zelle und dem Team der Gemeinde, die sich mit großem Engagement dem Projekt gewidmet hatten. „Bilder und Geschichten machen die Geschichte begreifbar und anschaulich. Die Ausstellung zeigt, wie Glaube und Gemeindeleben sich in früheren Zeiten im wahrsten Sinne des Wortes geäußert, sich dargestellt haben. Dokumente der Kirche selbst, Heiligenfiguren, Andachtsbilder, Bücher und die bestickte Fahne sind Zeitzeugen. Wie gut, dass wir ein Heimatmuseum haben, das uns unsere Herkunft in Schermbeck sichtbar macht. Beim Betrachten werden Erinnerungen wach – und vielleicht bei den Jüngeren die Frage: Sag mal, wie war das früher“, sagt Pastor Honermann.

Auf mehreren Tafeln im Obergeschoss des Museums wird die Zeitgeschichte in Texten, die von den Organisatoren in die lateinische Schrift übersetzt wurden, gezeigt. Dabei liegt der Fokus auf den beiden letzten Kirchen – die aktuelle sei in Natura zu besichtigen, erklärt Hans Zelle. So ist zu lesen, dass die 1841 errichtete Kirche schon nach 70 Jahren wieder baufällig wurde und ihr Abriss in einem Schreiben vom 22. Januar 1913 beantragt wurde, nachdem Anfang 1913 das Dach des Kirchenschiffs einfiel. Auch eine Anfrage des Regierungspräsidenten Münster vom 8. Februar 1913, die klären sollte, ob die Kirchengemeinde ausrreichend Geldmittel in Eigenanteilen zur Verfügung stellen könne, liegt vor. Leider war das wohl nicht der Fall – statt der ursprünglich anberaumten rund 50.000 Goldmark (entspricht in etwa dem 20-fachen in heutiger Währung), die durch Kollekten und Sammlungen eingenommen werden sollten, konnten lediglich knapp 6.000 Goldmark aufgebracht werden. Es wurde ein Darlehen aufgenommen. „Der Grund für die fehlenden Abgaben ist eindeutig im Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 zu sehen – die Menschen hatten nichts, was sie abgeben konnten“, erklärt Pastor Honermann.
 

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Rolf Blankenagel, Hans Zelle, Mechthild Werner-Weinekötter, Petra Becker und Pastor Klaus Honermann (v.l.) mit einem Holzrelief.
Foto: Gundis Jansen-Garz

Umso erstaunlicher und bewundernswerter ist es, dass die Kirche überhaupt Ende 1915 fertig gestellt und eingeweiht werden konnte. „Da die jungen Männer zum Großteil in den Krieg gezogen waren, haben italienische Hilfsarbeiter den Kirchbau vorangetrieben. Ob auch Kriegsgefangene eingesetzt wurden, ist nicht erkenntlich und belegt“, so Hans Zelle. Handwerker-Rechnungen sowie eine detaillierte Aufstellung aller im Inventar vorhandenen und angeschafften Werte sind aufgeführt. Eine wahre Sisyphos-Arbeit, waren sich alle Anwesenden einig. Mehrere Besuche des Bistumsarchivs und des Staatsarchivs in Münster, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und des Dorstener Stadtarchivs waren die Grundlage für die Recherche. „In Schermbeck gibt es kein Kirchenarchiv für die Geschichte der Ludgeruskirche vor dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt Hans Zelle.
In einer Vitrine sind die sechs Vorläuferbauten der heutigen Ludgeruskirche ausgestellt, so dass die Entwicklung bis zur heutigen Version erkennbar und verständlich wird. Außerdem sind zwei alte Meßbücher aus den Jahren 1895 zu sehen. Im Kaminzimmer des Museums werden zudem Holzreliefs und ein altes Messpult gezeigt.  gj


Die Ausstellung bleibt bis zum 30. August im Museum an der Steintorstraße 17 und kann dort sonntags von 10 bis 13 Uhr kostenlos besichtigt werden. Für Gruppen werden Führungen zu anderen Terminen angeboten. Anmeldungen nimmt Hans Zelle unter der Telefonnummer (02853) 4709 entgegen.

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