Foto: privat

Wie Gülle zu Strom wird

Mit der Abwärme einer Biogasanlage können öffentliche Gebäude geheizt werden

Kirchhellen - Die anstehende Hallenbadsanierung vor einigen Jahren war für Landwirt Johannes Miermann Ausgangspunkt der Überlegungen, eine Biogasanlage zu bauen. Neben Strom wird Wärme erzeugt, die dann eben dieses Hallenbad heizen soll.
 

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Vater und Sohn Johannes Miermann sind stolz auf ihre Biogasanlage – die Motorenanlage verbrennt das Methangas und produziert so Strom – die Wärme geht ins Dorf.
Foto: Gundis Jansen-Garz

Nach drei Jahren Bauzeit steht die Anlage am Scheideweg und mittlerweile werden neben dem Hallenbad auch das Schulzentrum, die Feuerwehr und seit Mitte Februar auch das Krankenhaus mit der Biogas-Wärme versorgt. „Erste Gespräche mit den Verantwortlichen der Stadt und einiges an Überzeugungsarbeit haben letztendlich dazu geführt, dass wir mit der Anlage sowohl Strom als auch Wärme nutzen können“, sagt Johannes Miermann. Die Nähe zu den zu versorgenden Standorten und das Heizwerk, das zwischen der Feuerwehr und der Bücherei seit Jahren ungenutzt steht, waren schließlich Grund genug, das Großprojekt im Oktober 2011 in Angriff zu nehmen.

Rund 2,5 Millionen Kilowatt Strom werden pro Jahr erzeugt, dieser geht komplett in das Stromnetz der ELE. „Es lohnt sich kaum, den Strom selbst zu nutzen oder an umliegende Haushalte zu geben. Das rentiert sich nur bei Großabnehmern“, sagt Johannes Miermann. Doch der Strom ist bei einer solchen Biogasanlage nicht die einzige Energiequelle. Die anfallende Wärme muss genutzt werden, sonst kann eine Biogasanlage ökonomisch und ökologisch keinen Sinn machen. „Die gesicherte Abnahme der Wärme war Grundvoraussetzung für den Bau der Anlage“, sagt der Landwirt, „wenn keine Wärme abgenommen wird, erhöht sich die CO2-Bilanz einer solchen Anlage und wäre ökologisch nicht tragbar.“

Auch Johannes Miermann junior, zurzeit noch Student der Agrarwissenschaft mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft, kennt sich mit der Biogasanlage aus: „Das Substrat, mit dem die Anlage arbeitet, besteht aus Schweinegülle, Pferde- und Rindermist sowie Mais- und Grassillage. Laut gesetzlicher Vorgabe müssen 30 Prozent der Eingabe aus Abfallprodukten wie etwa Mist oder Gülle eingesetzt werden.“  Die Gülle stammt aus dem eigenen Schweinestall, der direkt neben der Biogasanlage steht, und aus Mist von umliegenden Betrieben. Das ist kostengünstig und dank der kurzen Wege praktisch.

Noch besteht der restliche Anteil aus extra für die Energiegewinnung angebautem Mais und Grünroggen. Das hat zum einen den großen Nachteil, dass in Kirchhellen verstärkt Mais angebaut wird, zum anderen ist der Einsatz von Nahrungsmitteln zur Energiegewinnung umstritten. Johannes Miermann kennt das Problem: „Wir haben unsere Anlage nach dem so genannten Bayrischen System fertigen lassen. Das ermöglicht einen Mehreinsatz von Abfallprodukten, so dass wir nach und nach weniger Mais und Grünschnitt benötigen. Gülle und Mist fällt ja sowieso an. Man erkennt dieses System daran, dass die übliche grüne Haube auf den Anlagen fehlt.“
 

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Die Biomasse wird zunächst gesammelt und dann in die Fermenter gefüttert.
Foto: Gundis Jansen-Garz

So funktioniert die Biogasanlage

Gülle, Sillage und Mist, Substrat genannt, werden in gasdichte Fermenter, die Faulräume der Anlage, eingebracht und dort unter Ausschluss von Licht und Sauerstoff von Mikroorganismen abgebaut. Aus den Abbauprodukten dieses Gärprozesses bilden methanogene Bakterien dann Methan und Kohlendioxid. Das Ganze erfolgt bei rund 40 Grad Celcius. Beim Gärungsprozess entsteht Gas mit einem Methangehalt von 50 bis 54 Prozent. Das Biogas wird aus den Fermentern über einen Motor und Generator als Strom in die ELE-Leitung eingespeist. Die überschüssige Wärme geht wird über eine Leitung in das Heizwerk geleitet, das die Wärme entsprechend verteilt.
Ist das Substrat im Fermenter vergoren, kommt es zunächst ins Gärrestelager, um dann als Dünger wieder auf die Felder gebracht zu werden. „Das ist dann auch geruchlos“, sagt Johannes Miermann. gj


Klimaschutzbericht der Stadt Bottrop plant langfristig ein autarkes Kirchhellen

Für die Stadt Bottrop eine ideale Form, Geld zu sparen, denn die Ausgaben für die energetische Versorgung der städtischen Gebäude dürften bislang weit höher liegen als durch die Biogasanlage. Und auch im Zuge dessen, dass sich die Stadt vorgenommen hat, Kirchhellen bis 2050 energieautark zu machen, ist diese Form der Kooperation ideal.
Laut Klimaschutzbericht der Stadt heißt das Leitziel für den Stadtteil Kirchhellen: Eine bilanzielle Autarkie in der Energieversorgung durch regenerative Energien bis zum Jahr 2050. Daneben sollten die CO2-Emissionen des Stadtteils langfristig auf Null reduziert werden. Diese Ziele setzen unter anderem den umfassenden Einsatz von Biomasse, Windenergie, Sonnenenergie und Geothermie zur Energiegewinnung und eine weitreichende Verbesserung der Gebäudeeffizienz voraus. In Kirchhellen kann auf die bereits bestehenden Strukturen regenerativer Energiegewinnung sowie die weitere regionale Vernetzung aufgebaut werden. So existieren Eignungsgebiete und Standorte für Windenergieanlagen, Biogasanlagen, ein großflächiges Geothermieprojekt im Wohnungsbau, eine Zero-Emission Gewerbegebietsplanung. Insofern ergeben sich diesen endogenen Potenzialen entsprechend räumlich differenzierte Leitbilder des Klimaschutzkonzeptes für die Gesamtstadt. (www.bottrop.de).

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