Foto: Privat - VSR-Gewässerschutz

Hohe Nitratbelastung in Schermbecker Brunnen

Brunnenbesitzer ließen Gewässerproben testen und erhielten die Ergebnisse – Wütende Reaktionen waren die Folge

Schermbeck - Im Oktober 2019 schon bot der VSR-Gewässerschutz einen Informationsstand an, an dem Schermbecker Bürger ihre Gewässerproben auf den Nitratgehalt prüfen lassen konnte (die LebensArt berichtete). Dort konnten interessierte Bürger sich über die Messwerte ihrer Proben beraten und informieren lassen. Nun liegen die Ergebnisse detaillierter Messungen vor.

Leider musste der VSR-Gewässerschutz den Bürgern im November mitteilen, dass ihr Brunnenwasser zu viel Nitrat enthält. Viele Menschen kamen zum Informationsstand in der Hoffnung, dass ihr Brunnenwasser nicht von den Nitratbelastungen betroffen ist. Etwa jeder vierte Brunnenbesitzer musste enttäuscht werden und wurde darüber informiert, dass der Grenzwert der deutschen Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter im Brunnen überschritten ist. Insgesamt wurde das Wasser von 56 privat genutzten Brunnen aus dem Bereich Schermbeck und Dorsten analysiert. „Ein Grund für die hohen Belastungen ist die intensive Landwirtschaft, die sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgebreitet hat. Die bisherigen Düngeverordnungen ermöglichten der Agrarindustrie zu wachsen und ihre landwirtschaftlichen Flächen auf Kosten der Umwelt zu überdüngen“, sagt Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz. Die umweltver trägliche Form der Landwirtschaft, zu der viele bäuerliche Betriebe zählen, verschwindet dagegen immer mehr.

Die Gewässerschutzorganisation rät Bürgern bei ihrem Einkauf, bewusst darauf zu achten, dass die Produkte von Landwirten stammen, die die Nitratbelastungen und die Sorgen der Menschen in der Region ernst nehmen. Projektleiter im VSR-Gewässerschutz Diplom-Physiker Harald Gülzow und Milan Toups, Bundesfreiwilliger der Organisation, fanden bei den Untersuchungen 120 Milligramm Nitrat pro Liter in einem privat genutzten Brunnen in Rhade. Weitere mit Nitrat stark verschmutzte Brunnen stellten die Umweltschützer in:

  • Erle mit 73 Milligramm pro Liter
  • Üfte mit 105 Milligramm pro Liter,
  • Altschermbeck mit 89 Milligramm pro Liter
  • Schermbeck mit 98 Milligramm pro Liter
  • Besten mit 84 Milligramm pro Liter und
  • Holsterhausen mit 76 Milligramm pro Liter.

Reaktion aus der Gemeinde

Schermbecker Bürger möchten nitratarmes Brunnenwasser für ihre Gärten. Foto: Privat - VSR-Gewässerschutz

Am Informationsstand und auch bei der telefonischen Beratung zeigten viele Brunnenbesitzer, dass sie über die Nitratbelastung in der Region wütend sind. Sie möchten es nicht mehr einfach hinnehmen, dass ihr Brunnenwasser nur eingeschränkt nutzbar ist. Ärgerlich ist insbesondere, dass das Wasser nicht zum Befüllen von Gartenteichen geeignet ist. Es besteht die Gefahr, dass es zur Massenvermehrung von Algen kommt. Abgestorbene Pflanzen können anschließend zu Fischsterben führen. Auch beim Gießen des selbst angebauten Gemüses sollte das Brunnenwasser nicht zu einer Nitratanreicherung führen. Der einzelne Brunnenbesitzer kann eine Anreicherung vermeiden, wenn er die Nitratbelastung des Brunnenwassers in die Düngeberechnung einbezieht. Hierfür ist es allerdings dringend nötig, die Nitratkonzentration im Brunnenwasser zu kennen. Die gemeinnützige Umweltschutzorganisation hat
auf ihrer Homepage www.vsr-gewaesserschutz.de viele Tipps rund um das Thema Brunnenwasser zusammengestellt. Hier finden Sie auch Informationen, wie man den zugeführten Stickstoff durch das Gewässer ausrechnet.

Die erneut anstehende Novellierung der Düngeverordnung zeigt, dass etwas mächtig schief gelaufen ist. Die Nitratbelastung im Grundwasser blieb aufgrund von zu laschen Düngeverordnungen unverändert hoch. „Die Agrarlobby sorgte über Jahrzehnte dafür, dass so gedüngt werden durfte, dass auf den Feldern die höchst möglichen Erträge erzielt werden können und die Gülleentsorgung der Massentierhaltungen möglichst geringe Kosten verursacht“, sagt Susanne Bareiß-Gülzow. So wurden auch im Raum Schermbeck viel zu hohe Düngemengen aufgebracht. Durch die Entwicklung in der Landwirtschaft zu immer größeren Betrieben in denen Investoren die Vorgaben machen, kam ein extremer Preisdruck auf die bäuerliche Landwirtschaft zu. Teilweise versuchte diese mit den großen Betrieben mitzuhalten und genau so günstig zu produzieren. Leider kam es dadurch ebenfalls zu starken Grundwasserbelastungen. Doch eine regionale Vermarktung stellt nun für diese Betriebe eine gute Chance dar, wieder stärker die Lebensmittelqualität und eine umweltverträgliche Landwirtschaft in den Vordergrund zu stellen.

Gerade die vielen Massentierhaltungen und ihre enorme Belastung für das Grundwasser wollen viele Menschen nicht mehr unterstützen und kaufen ihre Produkte bei ihrem heimischen Landwirt, mit dem sie in Kontakt stehen. Das sind bäuerliche Betriebe mit weniger Tieren. Das Futter wird selbst oder von anderen Landwirten in der Region angebaut. Viele dieser Höfe haben inzwischen auch auf ökologischen Landbau umgestellt. Der direkte Einkauf beim Landwirt wird immer beliebter - die Menschen fahren zum Hofladen, auf den Markt oder lassen sich Lebensmittel nach Hause liefern. Die anderen achten beim Einkauf im Discounter darauf, dass die Produkte aus der heimischen bäuerlichen Landwirtschaft stammen. Die Menschen kaufen in den seltensten Fällen bewusst Produkte einer Massentierhaltung. Denn hier werden sie als Kunde mit ihren Wünschen nicht ernst genommen. Diese produzieren für einen anonymen Handel. Hier spielt die Grundwasserqualität der Region, die Gesundheit der Verbraucher und das Tierwohl nur im gesetzlichen Rahmen eine Rolle. Das reicht vielen Verbrauchern nicht mehr aus – sie handeln selbst. Viele kaufen deshalb auch bewusst ökologische Produkte. Hier gelten wesentlich strengere Regeln bezüglich der Tierhaltung und der Düngung auf den Feldern. Der VSR-Gewässerschutz ruft alle Menschen auf bewusster einzukaufen und so Einfluss darauf zu nehmen wie unsere Landwirtschaft aussieht. Jeder einzelne kann dazu beitragen.

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