Eine Übersicht zum Equal Pay Day, seiner Entstehung und seiner Geschichte finden Sie in unserem Artikel. Haben Sie ähnliche Erfahrungen mit ungleichen Löhnen gemacht oder kennen jemanden, der jemanden kennt, der Lohnunterschiede kennt? Melden Sie sich bei uns und erzählen Sie Ihre Geschichte. Sie erreichen uns per Mail an redaktion@aureus.de.
Und nun zum Interview, das die Gleichstellungsbeauftragte mit der Stadt Dorsten geführt hat:
Was bedeutet der Equal Pay Day eigentlich und was will er erreichen?
Vera Konieczka: Beim Equal Pay Day geht es um Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Eigentlich sollte es keiner Aktionstage bedürfen, um das Prinzip der Lohngerechtigkeit einzuhalten. Doch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, der sogenannte Gender Pay Gap, beträgt nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes noch immer 19 Prozent. Das sind genau 19 Prozent zu viel. Mit diesem Ergebnis belegt Deutschland im EU-Vergleich nach wie vor einen der hinteren Plätze. Nur in Estland und Tschechien ist die geschlechtsspezifische Lohnlücke größer.
Was sind die Gründe dafür?
Vera Konieczka: Die Gründe sind vielfältig. Frauen arbeiten häufiger in Branchen, in denen das Entgeltniveau niedriger ist, sind seltener in gut bezahlten Führungspositionen vertreten und unterbrechen familienbedingt häufiger ihre Erwerbstätigkeit. Bestehende Rollenbilder beeinflussen die Aufgabenverteilung in den Familien und auch die Berufswahl. Frauen tragen den größten Teil der Familienarbeit, sind oft in Teilzeit erwerbstätig, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Das hat nach wie vor Konsequenzen für ihre Aufstiegschancen und die spätere Rente. Nicht zuletzt erfährt ihre Arbeit häufig nicht die verdiente Wertschätzung.
Wie lässt sich das ändern?
Vera Konieczka: Weil die Ursachen vielfältig sind, gibt es nicht die eine Maßnahme, die die Lohnschere auf einen Schlag schließt. Steter Tropfen höhlt den Stein. 20 Jahre gibt es den Girls' Day, um Mädchen und junge Frauen zu ermuntern, ihr Ausbildungs- und Berufswahlverhalten zu ändern, es gibt Gesetze, die die berufliche Gleichberechtigung fördern wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Entgelttransparenzgesetz oder das Landesgleichstellungsgesetz für den Öffentlichen Dienst, um nur einige Beispiele zu nennen. Wichtig ist, sie im Alltag auch tatsächlich immer mitzudenken. Wie kann es sein, dass im Wettbewerb um attraktive Arbeitsplätze Bewerberinnen heute immer öfter die Nase vorn haben, sie hoch motiviert und meist mit besseren Ausbildungsabschlüssen ihre Karrieren starten, doch der Lohn, den sie für ihre gute Arbeit erhalten, im Schnitt 19 Prozent hinter dem ihrer männlichen Kollegen zurück bleibt? Bei den Hochschulabsolventen und Führungskräften klafft die Schere sogar noch weiter auseinander.
Hat die Corona-Pandemie nicht die Wertschätzung für traditionelle Frauenberufe wie in Pflege und Erziehung erhöht? Und hat sich durch die Pandemie nicht auch manches an der innerfamiliären Arbeitsteil
Vera Konieczka: Wertschätzung sollte sich auch in der Entlohnung niederschlagen. Vor kurzem sind die Bestrebungen, zu einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Pflege zu kommen, leider gescheitert. Was Veränderungen in der innerfamiliären Arbeitsteilung hin zu mehr Gleichheit angeht, teile ich eher pessimistische Einschätzungen. Homeoffice belastet Frauen eher als Männer, wenn Kinder zu Hause betreut werden müssen oder Homeschooling ansteht. Wir brauchen viele Verbündete, damit die geschlechtsspezifische Lohnlücke endlich aufgehoben wird und wir brauchen sie auf vielen Ebenen – im privaten Alltag ebenso wie in Gesellschaft und Politik. Gemeinsam mit dem Landrat und allen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen im Kreis Recklinghausen sowie der Stadt Bottrop unterstützt auch unser Bürgermeister Tobias Stockhoff die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit und macht sich stark für Equal Pay. Jeder Mann und jede Frau ist eingeladen, selbst für Lohngerechtigkeit einzutreten und zum Game Changer zu werden – damit Frauen nicht noch in hundert Jahren beweisen müssen, dass ihre Arbeit den gleichen Wert hat wie die Arbeit von Männern.
Die LebensArt Redaktion hat sich ebenfalls mit Vera Konieczka unterhalten und sie hat uns erzählt, was Gleichbehandlung in und für Dorsten bedeutet, was sich bereits verändert hat und wo noch Handlungsbedarf besteht. Das ganze Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten finden Sie hier.