Vollkaskoschutz trotz Trunkenheitsfahrt?

Nicht immer werden die Kaskoansprüche bei einem Unfall unter Alkoholeinfluß auf Null gekürzt

Alkoholgenuss und Teilnahme am Straßenverkehr gehören nicht zusammen, das ist allgemein bekannt. Wer trotzdem trinkt und fährt, hat (nicht nur) im Falle eines Unfalles mit unangenehmen Konsequenzen zu rechnen, sowohl für den Führerschein als auch für die Brieftasche. Die eigene Versicherung zahlt zwar den Schaden des Unfallgegners, holt sich aber bei einer Alkoholfahrt einen Betrag von bis zu 5.000 Euro von ihrem Kunden zurück. Im schlimmsten Fall, wenn dazu noch weitere Verstöße, wie etwa Unfallflucht hinzukommen, kann sich dieser Betrag auf maximal 10.000 Euro erhöhen.

Auf dem Schaden am eigenen Fahrzeug blieb man bei einer Alkoholfahrt bisher allerdings selbst dann sitzen, wenn Vollkaskoschutz bestand. Die Versicherung konnte sich auf Leistungsfreiheit aufgrund grober Fahrlässigkeit berufen. Seit einiger Zeit gilt dieser Grundsatz jedoch nicht mehr ohne Ausnahme. So hat der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil vom 22. Juni 2011 entschieden, dass der vollständige Wegfall des Kaskoschutzes selbst bei einem Unfall, der im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit verursacht wird, nicht immer zwingend ist.

Zugrunde lag ein Fall, bei dem ein Autofahrer am 13. Juli 2008 mit einer Promillezahl von rund 2,7 die Kontrolle über sein Auto verlor und im Straßengraben landete. Es entstand ein Schaden von rund 6.400 Euro. Zwei Instanzen versagten dem Autofahrer die Kaskozahlung, da er grob fahrlässig gehandelt habe. Dabei hatten die Gerichte aber nicht berücksichtigt, dass der Autofahrer so betrunken war, dass er im Zustand der Schuldunfähigkeit gefahren ist. In einem solchen Fall muss aber zumindest geprüft werden, ob nicht aufgrund der Schuldunfähigkeit der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entfallen kann. Dann bleibt es beim Kaskoschutz.

Um Missverständnissen vorzubeugen hat der BGH allerdings auch gleichzeitig deutlich klargestellt, dass ein „Herantrinken“ an die alkoholbedingte Schuldunfähigkeit die Kaskoansprüche niemals retten kann. Stattdessen kommt es darauf an, ob der Autofahrer zuvor Vorkehrungen getroffen hatte, die verhindern sollten, dass er sich später alkoholisiert ins Fahrzeug setzt. Waren diese Schutzvorkehrungen nicht ausreichend, bleibt es auch nach der Entscheidung des BGH dabei, dass die Kaskoansprüche weiterhin bis auf Null gekürzt werden können.


Autor:
Frank Manthey
Rechtsanwalt
Prüwer & Proff

Zurück