Foto: © Martin Büdenbender / pixelio.de

Ärger im Dorf?

In den vergangenen Wochen gab es in Kirchhellen mehrere Überfälle, Einbruchserien und Randale – wie kommt das und was können wir dagegen tun?

Kirchhellen - Kirchhellen ist keine Insel der Glückseligkeit! Auch in Kirchhellen finden die üblichen kleinen und größeren Verbrechen, Übergriffe und Randale statt. Kirchhellen ist aber auch ein Ort, an dem sich so etwas schnell rumspricht und sich ausreichend Menschen finden, die sich dagegen wehren – auf sehr unterschiedliche Art und Weise.
 

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Sehr zum Ärger einiger Nachbarn sind einige Jugendliche, die sich an der Hauptschule treffen in den Ferien auffällig geworden.
Foto: Gundis Jansen-Garz

Was ist überhaupt passiert?

Ende Juli wurde ein 48-jähriger Mann in dem kleinen Waldstück zwischen „Im Schwarzwald“ und „Brentanostraße“ von Unbekannten zusammengeschlagen. Nur ein paar Tage später, in der Nacht von Freitag auf Samstag während der Landpartie, gab es gleich zwei Übergriffe auf drei Kirchhellener. Zwei Männer im Alter von 48 und 50 Jahren wurden im Bereich zwischen Pisa und amadeo völlig unvermittelt von mehreren Jugendlichen angegriffen. „Es ging so schnell, ich hatte keine Chance, mich zu wehren. Erst sprang einer aus dem Nichts auf meinen Freund zu, der ein paar Meter hinter mir herging, und schlug ihn nieder. Ich fragte noch, was das solle, da hatte ich auch schon einen Schlag im Gesicht. Es folgten noch zwei weitere, ich fiel hin und wurde getreten. Leider war es auch total dunkel, so dass wir die Täter nicht richtig beschreiben können“, sagte einer der Angegriffenen, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Kurz darauf wurde ebenfalls ein erwachsener Mann am Ehrenmal von Jugendlichen angegriffen und krankenhausreif geschlagen. Die beiden hauptverantwortlichen Täter dieses Überfalls konnten ein paar Tage später gefasst werden. Zur Identität gibt die Polizei keine Auskunft. Auch nicht, ob es sich um dieselben handelt wie die vorherigen Schläger.
Im Zuge dieser Vorfälle wurde auf facebook in der Gruppe „Wir sind Kirchhellen“ heftig diskutiert. Besonders der Wunsch nach mehr Sicherheit in der Nacht wird dabei deutlich. „Die Polizei müsste mehr Streife fahren“, schreibt eine Nutzerin im sozialen Netzwerk. Gleichzeitig wurde die Seite „Kirchhellen Watch“ eingerichtet mit dem Ziel, ein Auge aufeinander und auf Kirchhellen zu werfen: „Es werden unbescholtene Bürger grundlos verprügelt, unzählige Einbrüche verübt und sinnloser Vandalismus gehört bald zum traurigen Alltag“, heißt es in der Gruppenbeschreibung. Als Bürgerwehr verstünde man sich nicht – „höchstens als Bürgerwacht“.
 

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Wie Polizeisprecher Michael Franz erklärt, ist die Polizei in Kirchhellen präsenter, als oftmals angenommen.
Foto: © Arno Bachert / pixelio.de

Keine Häufung von Vorfällen!

„Jegliche Art von Gewalt liegt uns fern. Wir haben nicht im Sinn, mit der Mistgabel irgendwelche Quertreiber durch das Dorf zu jagen.“ Das sei auch gar nicht nötig, meint Michael Franz von der Polizei Recklinghausen. Er sieht in den Vorfällen der vergangenen Wochen keineswegs eine ungewöhnliche Häufung. „Kirchhellen ist, verglichen mit anderen Orten, ein eher friedliches Dorf. Bedenkt man die Größenordnung, in der sich zahlreiche Feste und Feiern in Kirchhellen befinden, gibt es wirklich wenige Zwischenfälle. Natürlich kommen immer wieder Übergriffe vor, aber das sind dann bedauerliche Einzelfälle“, sagt er. Wenn viele Menschen aufeinander treffen, wie an dem Wochenende der Landpartie, seien solche Schlägereien immer wieder möglich. „Am besten ist es, sich nicht auf Provokationen einzulassen und nicht auf dumme Sprüche einzugehen“. Die soziale Kontrolle in Kirchhellen sieht er mit als Grund für den eher friedlichen Charakter des Dorfes. „Hier kennt man sich und passt aufeinander auf.“ Wichtig aus seiner Sicht ist es, im Falle einer Straftat Anzeige zu erstatten. Nur so kann die Polizei überhaupt tätig werden und die möglichen Täter fassen. Im Fall der Schlägerei am Ehrenmal hat genau dieses Vorgehen zur Erfassung des 21-jährigen Täters geführt. Zwar könne ein Aufruf in sozialen Netzwerken zur erhöhten Aufmerksamkeit aufrufen, aber da solle man vorsichtig sein. „Es werden Personenbeschreibungen durchgegeben, die zu nichts führen und Menschen vorverurteilen können – das ist sehr gefährlich“, sagt Michael Franz.

Aber nicht nur Übergriffe auf Personen beschäftigen die Kirchhellener zurzeit. Auch Vandalismus und Randale haben in den vergangenen Wochen stark zugenommen. Besonders in den Schulferien ist die Situation auf dem Gelände der Hauptschule mehrfach eskaliert. Anwohner haben sich bereits bei der Verwaltung und der Polizei beschwert und planen weitere Schritte.
 

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Mehr Respekt statt Gewalt – das wünschen sich die Verantwortlichen aus Politik, Verwaltung und Polizei.
Foto : © Gisela Peter / pixelio.de

Sommerferien bieten Schülern viel Freiraum

„Es ist unerträglich, was hier seit geraumer Zeit abgeht. Die Jugendlichen benehmen sich wie Vandalen, schmeißen Fenster der Hauptschule ein, urinieren an den Spielgeräten, lassen Mofas und Mopeds nachts laufen und machen auch vor unseren Gärten nicht halt“, erklärt ein Anwohner (Name der Redaktion bekannt). Die Polizei wurde selbstverständlich eingeschaltet, kann aber wohl nicht viel ausrichten. „Auch das Ordnungsamt ist vor Ort und hat offensichtlich einige der Kinder und Jugendlichen arg ins Gebet genommen, wie man so schön sagt. Wir hoffen, es wirkt“, so der Anwohner.
Dass in den Sommerferien mehr Jugendliche in Kirchhellen unterwegs sind, die sich an den einschlägigen Plätzen wie Jugendhütte, Kirche, Hauptschule und Friedhof treffen, weiß auch Michaela Huwe vom Jugendkloster, die für den Jugendhilfeverein Philipp Neri für die offene Jugendbetreuung zuständig ist: „Innerhalb der Schulzeit habe ich guten Kontakt zu denen, die sich hier treffen. In den Ferien ist es natürlich schwierig – ich war jetzt fast vier Wochen nicht da und habe nicht alles mitbekommen, was in Kirchhellen passiert ist. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es wieder Probleme gab. Nur – nicht alle, die sich an den Plätzen aufhalten, machen auch gleich Ärger.“
Auch am Pfarrheim gab es in den vergangenen Wochen Probleme. Die Anlagen rund um das Pfarrheim der St. Johannes-Kirche sind seit Langem schon Anlass für Ärgernis. Nun reagierte der Kirchenvorstand und weist mit einem Schild darauf hin, dass der Park Privateigentum der Kirchengemeinde sei und dass um 22 Uhr das Gelände verlassen werden muss. „Immer wieder gab es Ärger mit Jugendlichen, die sich im Park aufhielten und ihren Müll hinterließen. Aber auch Anwohner und andere, die die Wiesen und Wege als Klo für ihre Hunde nutzen, sind ein echtes Ärgernis!", sagt Pastor Klaus Klein-Schmeink und weist ausdrücklich darauf hin, dass das vernünftige und anständige Betreten des Parks selbstverständlich erlaubt und erwünscht ist.
„Aber wir können doch nicht zulassen, dass die Kinder der Minigruppen morgens in Glasscherben, Müll und Hundekot treten und die Gruppenkinder Angst haben, weil pöbelnde Jugendliche sich dort aufhalten", sagt Klaus Klein-Schmeink. Auch wenn es dem Kirchenvorstand eigentlich lieber wäre, den Park öffentlich zu halten, sei dies nun die beste Lösung. Die ersten Wochen haben bereits Besserung gezeigt. Und über die Unvernunft vieler Hundebesitzer, die den Dreck ihrer Vierbeiner nicht wegmachen, gibt es in allen Ecken Kirchhellens Beschwerden – vielleicht sollten sich alle Frauchen und Herrchen darüber mal Gedanken machen!

Kritisch beobachtet Kirchhellens Bezirksbürger-meisterin Margot Hülskemper die momentane Entwicklung. „Wichtig ist mir, dass wir aufeinander aufpassen und wenn Verdächtiges auffällt, sollte das an die Polizei oder das Ordnungsamt gemeldet werden. Wir haben in Kirchhellen ein verhältnismäßig ruhiges Pflaster und ich möchte, dass das so bleibt“.
 

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Am Rande der Landpartie kam es in diesem Jahr zu zwei Überfällen auf drei Kirchhellener Männer, die zu Aufregung im Dorf führten.
Foto: Egon Maier

Riegel vor – Einbrüche gehen zumeist auf das Konto von mobilen Tätern

Bleibt noch zu erwähnen, dass auch Einbrüche in der letzten Zeit die Kirchhellener belasten. Wie Michael Franz berichtet, gibt es auch hier keine signifikante Zunahme und Kirchhellen ist auch nicht übermäßig stark von Einbrüchen betroffen. Die Polizei hat in Feldhausen zuletzt drei Täter dingfest machen können, nachdem ein aufmerksamer Nachbar sie informiert hat. „Was Probleme macht, sind die mobilen Täter, die durch die Städte und Dörfer reisen, um gezielt in Häuser und Wohnungen einzusteigen. Da arbeiten wir mit anderen Ruhrgebietsstädten zusammen, was auch recht gut funktioniert. Wichtig ist natürlich, dass die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden und die Strafen entsprechend sind“, so Michael Franz. Vorbeugend schützen kann sich jeder, indem das Haus grundsätzlich komplett verschlossen ist – also kein Fenster auf Kipp und die Tür abgeschlossen! „Außerdem sollte man vielleicht vorsichtig sein, mit dem, was man auf facebook oder in anderen Netzwerken schreibt. Nicht jeder Freund und Freundesfreund ist einem gut gesinnt. Mögen die Fotos vom Sonnenuntergang im Urlaub mit Kind und Kegel auch noch so schön sein – sie verraten deutlich, dass niemand zu Hause weilt. Und wer dann noch Abflug- und Ankunftszeit dazu schreibt …“, sagt Michael Franz.
Somit gilt: Augen auf und Meldung machen! Dann haben Gewalt und Randale in Kirchhellen wenige Chancen! gj

Wer sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und gegenseitigem Aufpassen unsicher ist, sollte wissen, wie man sich wehren kann. LebensArt sprach mit Bernd Alsen vom SVV Bottrop, dem Bottroper Selbstverteidigungsverein: „Bei zufälligen Begegnungen sollte man sich zurückhalten und sich auf keine Provokation einlassen. Und Wegrennen ist die beste Selbstverteidigung. Und Krach machen – vorbeugend ist es nie verkehrt, eine Trillerpfeife bei sich zu haben.“ Der Verein bietet Kurse an, die körperliche und verbale Selbstverteidigung lehren. Informationen unter www.svv-bottrop.de.
Unter www.riegelvor.nrw.de kann man unverbindlich erfahren, welche Sicherungsmöglichkeiten es für Türen und Fenster gibt. Die Polizei NRW bietet außerdem Ortsbegehungen an und hilft bei der Planung von Sicherungssystemen.

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