Gladbeck - Mit dem „Plädoyer für eine bessere Mobilität“ legt das Bürgerforum Gladbeck jetzt ein geschlossenes Alternativkonzept zum Autobahnbau vor. „Wir weisen darin nach, mit welchen Maßnahmen man ohne eine neue Autobahn und ohne gigantische Baustellen und Investitionen die unerträgliche Situation auf der B 224 beenden und den Bedürfnissen der Menschen, der Umwelt, der Wirtschaft und des Verkehrs nachhaltig gerecht werden kann“, sagt Matthias Raith, Vorsitzender des Bürgerforums.
Das Plädoyer stellt für die Öffentlichkeit ebenso wie für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in der Stadt Gladbeck, dem Land NRW sowie dem Bund einen Katalog mit Handlungsvorschlägen und „Weckrufen“ vor. Matthias Raith: „Damit gehen wir konstruktiv in die Offensive und weit über ein „Nein“ zu den staatlichen Planungen hinaus. Die selbstständige Erarbeitung dieser schlüssigen Alternative ist in der Geschichte des ehrenamtlichen Bürgerengagements im Land NRW ein bislang einmaliger Vorgang.“
Mit der Veröffentlichung des Entwurfs zum Bundesverkehrswegeplan 2015 tritt die Auseinandersetzung um den Bau der A 52 zwischen Marl, Gladbeck, Bottrop und Essen in eine weitere, entscheidende Phase.
Das Bürgerforum spricht von einem „heißen Herbst“, denn es wird erwartet, dass der Bau der Autobahn im Bundesverkehrswegeplan erwähnt wird. Die im Rahmen des Verfahrens erstmals vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung soll ab Oktober 2015 beginnen.

Foto: Jana Golus
Inhalt der Publikation sind neben einer Beschreibung der gegenwärtigen Situation und der Problemdarstellung zur A 52 rund 25 Seiten Vorschläge für ein Alternativkonzept. Sogenannte „Weckrufe“ von Ex-NRW-Verkehrsminister Christoph Zöpel und Verkehrsexperte Heiner Monheim runden das Plädoyer ab.
Aus Sicht der A 52-Gegner braucht Gladbeck – ebenso wie Bottrop und Essen – keine weitere Autobahn. Ein Rückbau der B 224 mit Tempo-50-Limit und Nachtfahrverbot für Lkw wäre eine kostengünstigere und umweltverträglichere Lösung. Der Zeit- und Streckenvorteil der A 52 zwischen der Autobahn 42 und Gelsenkirchen-Buer-West für den Fernverkehr sei so gering, dass er praktisch nicht ins Gewicht fiele. „Ein zeitgemäßes Mobilitätskonzept mit guter ÖPNV-Struktur, enger Zug-Taktung nach Essen oder eine Extra-Spur für Schnellbusse entlastet die Straßen und die Bürger. Weiterhin gibt es keinen tauglichen Radweg zwischen Gladbeck und Essen und dabei sind das gerade einmal knapp 14 Kilometer“, sagt Matthias Strealke.
Auch der Ausbau der A 43 zur sechsspurigen Autobahn wird vom Bürgerforum als ideale Anbindungsmöglichkeit für LKW und PKW gesehen. „Unsere Auflistung zeigt eindeutig, dass die A 52 nicht nötig ist. Somit streben wir nun eine Klage an, die wir gemeinsam mit den anderen Bürgerinitiativen ausfechten möchten. Der Bau der Autobahn wird nicht im Parlament entschieden, sondern wahrscheinlich vor Gericht“, sagt Matthias Raith.
Bürgermeister Roland fordert Gleichbehandlung mit Bayern
Bürgermeister Ulrich Roland hingegen scheint einen Ausbau der Autobahn in absehbarer Zeit für gegeben zu sehen. Beim geplanten Ausbau der B 224 zur A 52 seien drei Punkte strittig: Die Länge des Tunnels in Richtung Gelsenkirchen-Buer, die Frage, ob es im Kreuzungsbereich A 2/A 52 einen Über- oder Unterflieger geben soll und die Frage eines möglichen Eigenanteils der Stadt Gladbeck an den Kosten für den Tunnel. So heißt es in der Meldung der Stadt Gladbeck im Zuge eines Briefwechsels zwischen Gladbeck, dem Land und dem Bund. Denn Landesverkehrsminister Michael Groschek hat beim WAZ-Forum Ruhrgebiet Mitte September den geplanten Ausbau der B 224 zur A 52 auf Gladbecker Stadtgebiet mit einem Projekt im bayrischen Wahlkreis von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verglichen. Dort gäbe der Bund 200 Mio. Euro für eine 4-km lange Ortsumgehung in Oberau aus, davon drei im Tunnel. Bürgermeister Ulrich Roland dazu: „Ich bin Michael Groschek außerordentlich dankbar für diese Klarstellung. Es kann nicht sein, dass in Bayern für die Finanzierung von Bundesautobahnen andere Regeln gelten als in Nordrhein-Westfalen. Wir im Ruhrgebiet sind keine Bürger zweiter Klasse! Was für 3.000 Menschen in Bayern möglich ist, muss für 75.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen erst recht möglich sein!“ Vor dem Hintergrund der Kosten für das Projekt in Oberau könnten diese Fragen nicht unter finanziellen Gesichtspunkten entschieden werden, betont Bürgermeister Roland. „Hier kann es nur um die Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gehen!“ Bürgermeister Roland hat sich in dieser Frage mit Schreiben auch an die Verkehrsminister Dobrindt und Groschek gewendet und hofft nun, dass die finanzielle Beteiligung durch die Stadt ausgehebelt wird. gj
Das Plädoyer ist für acht Euro im Buchhandel (ISBN 978-3-00-050513-3) oder online beim Bürgerforum Gladbeck, www.buergerforum-gladbeck.de erhältlich.