Gladbeck - Am Freitag, 8. September 2017 um 19.30 Uhr feiert in der Neuen Galerie Gladbeck eine neue Kunstausstellung Eröffnung. Der Italiener Nicola Samorì präsentiert seine besondere Art der Kunst unter dem Namen „Madre Macchia“. Was auf den ersten Blick vielleicht wie ein vandalistischer Anschlag auf die Bilder wirkt, hat in Wahrheit einen besonderen Hintergedanken.

Als „Madre Macchia“, als Muttermal, werden in den Steinbrüchen von Carrara die Fehlstellen im Marmor bezeichnet, um die herum der reinste und weißeste Marmor höchster Qualität zu finden ist. Es scheint, als muss es den Fehler geben, um das Perfekte sichtbar zu machen. Auch in Nicola Samorìs Arbeiten ist es der Makel, der die Reinheit eines Bildes erst ermöglicht.
In seinen Skulpturen benutzt Samorì vorgefundene Besonderheiten im Material. Die Hohlräume, Löcher und farblichen Fehlstellen im Stein oder die Schwefeloxidationen auf dem Kupfer-Malgrund, die normalerweise Ausschlusskriterium für eine künstlerische Weiterverarbeitung sind, werden gerade wegen ihrer Unvollkommenheit genutzt.
In Bildern wie „Double Page (of Frogs and Flowers)“ oder „Emanto“ werden Elemente von Werken aus der Renaissance und aus dem Barock, von Lucas von Leyden, Luca Giordano und Josè de Ribeira technisch perfekt neu-interpretiert. Dann aber werden die malerisch über einen langen Zeitraum entwickelten Bilder durch massive mechanische Interventionen quasi zerstört.
Das noch nicht vollkommen durchgetrocknete Gemälde wird in der Mitte übereinander gefaltet und die beiden Bildteile durch Fußtritte aufeinander gepresst. Dabei vermischen sich die Ölfarben genauso wie die Bildinhalte.
In einer klassischen, akademischen Tradition zieht Nicola Samorì Inspirationen aus den Renaissance-Meistern des 17. Jahrhunderts und inszeniert die akribische und manchmal schmerzhafte Dekonstruktion ihrer Werke.
Doch Samorìs künstlerische Praxis ist nie ein vandalistischer Anschlag auf die Bilder, sondern eine nachdenkliche Methode, die Sinne für alternative Lesarten zu aktivieren und tradierte Erzählmuster aufzubrechen.
Die Interventionen von Nicola Samorì zielen fast immer auf das Gesicht des Bildpersonals. Da dort, und vor allem in den Augen, die Persönlichkeit einer abgebildeten Person erkennbar wird und eine Identifikation mit dem Betrachter einsetzt, lenkt Samorì mit seiner Zerstörung die Aufmerksamkeit weg von der Person und auf die Mechanismen und Apparate von Repräsentation.
Vom 8. September bis zum 27. Oktober haben Kunstinteressierte Zeit sich die Kunstwerke anzusehen und selbst zu entscheiden, ob der Künstler neue Kunst erschaffen hat oder nur alte zerstört. Aber Kunst liegt ja im Auge des Betrachters. kb