Gladbeck - In den vergangenen Wochen standen Bund und Länder still, in den Städten gab es kaum noch richtiges Leben und nahezu der gesamte öffentliche Betrieb wurde für Besucher eingestellt. Im Hintergrund aber haben dieverschiedenen Institutionen und Unternehmen Gladbecks weitergearbeitet, um bestmögliche Lösungen in Zeiten der Pandemie um das Covid-19 zu bieten. Wir haben mit verschiedenen Stellen gesprochen, die uns einen Einblick hinter die Kulissen der Schließungen gewährt haben.
Besonders die Kleinsten der Gesellschaft konnten schlecht verstehen, wieso das Leben Stillstand. Schulen und Kindergärten waren geschlossen, der Alltag hatte sich verändert. Dazu kamen die Osterferien, die das Coronavirus vollends in der Hand hatte. Das sonnige Frühlingswetter tat sein übriges, um das Kontaktverbot und die radikalen Beschneidungen im Freizeitbereich noch schwerer erträglich zu machen. Seitens der Stadt wird aber von einem dennoch guten Kontakt zwischen Kitas und Eltern berichtet. „Alle Eltern sind von unseren Kolleginnen und Kollegen angerufen worden, Kinder haben von uns Ostergeschenke bekommen, es gab einen Brief für alle Eltern”, berichtet Christiane Schmidt aus dem Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Gladbeck. Weiterhin solle der enge Kontakt weiterhin andauern, auch wenn die Kita-Schließungen zum jetzigen Zeitpunkt (Stand Drucktermin: 23. April) noch ungewiss sind. „Wir sind weiterhin für die Eltern da”, betont Christiane Schmidt.
Jugendkunstschule digital
Die Jugendkunstschule hatte eigentlich, wie in den vergangenen Jahren auch, wieder reichlich verschiedene Kurse und Workshops für junge Künstler und Kunstinteressierte angeboten. „Das mussten wir natürlich alles absagen“, erzählt die Leiterin Sibylle Assmann. Als Alternative dafür hatte die Jugendkunstschule aber kurzerhand die Online-Osterakademie eingerichtet: Der kleine, offene Wettbewerb ermöglichte es Jugendlichen, auf verschiedene Weisen von zuhause aus künstlerisch tätig zu werden. „Die Teilnehmer konnten völlig frei entscheiden, wie sie ihre Kunst ausdrücken möchten. Wir als Jugendkunstschule wollten nur die Möglichkeiten und Anreize bieten, wie die Jugendlichen auch in dieser Zeit nicht ganz auf unser Angebot und die Kunst verzichten mussten“, erklärt die Leiterin. Die Teilnehmer konnten entweder etwas malen oder verrückte Skulpturen bauen. Auch Theaterstücke und Selbstgenähtes waren gerne gesehen. Die fertigen Projekte konnten dann entweder als Foto oder Film an die Jugendkunstschule gesendet werden und wurden dann online auf der Homepage ausgestellt.
Eine besondere Idee der Jugendkunstschule war der Comicfiguren-Generator. Die Jugendlichen konnten sich online von dem Generator vorgeben lassen, welche Eigenschaften die Figur haben soll und haben diese daraufhin gezeichnet. „Die Figuren konnten am Ende ganz verschieden sein. Ob alt oder jung, dick oder dünn, Mann oder Frau, mit jeder Haar- und Hautfarbe. Wir waren sehr gespannt, wie die Jugendlichen das umsetzen“, berichtet Sibylle Assmann.
Doch trotz der ganzen Bemühungen, die Gemeinschaft der Jugendkunstschule aufrechtzuerhalten und positiv in die noch ungewisse Zukunft zu schauen, bedauert das Team der Jugendkunstschule die Schließungen. „Wir wissen ja auch überhaupt nicht, wie es weitergehen soll. Wir müssen abwarten, was seitens der Politik von Bund und Ländern entschieden wird, erst dann können wir darauf reagieren.“ Aufgrund der Ungewissheit gebe es momentan noch keine genauen Pläne für die Zukunft. „Wir haben teilweise jüngere Teilnehmer und nicht die Räumlichkeiten, um den Mindestabstand zu wahren. Wiederum gibt es andere Räume in der Jugendkunstschule, die ausreichend Platz bieten können“, wägt die Leiterin ab.
eBooks und Videokonferenzen in der Stadtbücherei
Eva Beck, Leiterin der Stadtbücherei Gladbeck, musste auch jeden Tag erst neu abwarten. „Manchmal passieren Dinge ganz schnell und dann müssen wir reagieren.“ Die gut 100.000 physischen Medieneinheiten, die sich in der Stadtbücherei befinden, durften zunächst nicht ausgeliehen werden, denn die Bücherei musste über die Zeit der Pandemie geschlossen bleiben. Das hieß aber nicht, dass die Gladbecker und Mitglieder der Stadtbücherei auf den Lesespaß verzichten mussten. Die Stadtbücherei hatte es den Kunden ermöglicht, telefonisch bis zu zehn Medien vorzumerken. Nach Bereitstellung wurden die Kunden dann informiert und konnten ihre Bestellungen über ein schleusenähnliches System abholen. „Wir haben einen Tisch vor dem Fenster am Seiteneingang platziert und mithilfe eines Korbes die Medien überreicht, sodass wir den Kontakt weitestgehend verhindern konnten. Damit wir aber wenigstens einmal überprüfen konnten, dass ein Büchereiausweis vorliegt, mussten die Bestellungen in Person abgeholt und der Ausweis einmal vorgezeigt werden“, erklärt Eva Beck.
Ein weiteres Zauberwort heißt Onleihe. „Mit der Onleihe arbeiten wir schon seit mehr als zehn Jahren. Es ist ein Service, den alle Stadtbüchereien im Kreis Recklinghausen nutzen. Während der Corona-Zeit wurde der Bestand für die digitalen Medien noch einmal aufgestockt, sodass die Nutzer auf gut 27.000 Medieneinheiten allein im digitalen Bereich in Form von eBooks, Hörbüchern, Zeitungen und Zeitschriften zurückgreifen konnten“, erzählt sie.
Um so vielen Gladbeckern wie möglich die Lesefreude zu ermöglichen, wurde entschieden, dass der Schnupperausweis der Bücherei gratis beantragt werden konnte. „Um die Anträge auf die Schnupperausweise möglichst schnell bearbeiten zu können, haben wir uns dazu entschieden, diese nur für Gladbecker Bürger zu limitieren. In den ersten drei Wochen der Schließungen hatten wir pro Woche etwa zehn Anträge“, lautet die erfreuliche Bilanz. Die Schnupperausweise sind kostenfrei und gültig bis zum 30. April, danach kann jeder Kunde erneut entscheiden, ob er den Stadtbüchereiausweis behält oder nicht. Die neuen Regelungen beim Schnupperausweis wurden besonders deswegen so schnell umgesetzt, damit er auch für die Onleihe gültig ist. „Das Ausleihen digitaler Medien ist genauso einfach, wie das Ausleihen der Printmedien. Drei Wochen können Kunden die Medien auf ihren Endgeräten nutzen, danach läuft die Lizenz für das Medium ab“, erklärt Eva Beck. Die Ausleihe wird dabei wie bei den Printmedien im Kundenkonto hinterlegt und das Medium wird für den Nutzer freigeschaltet. Ob nun auf dem Smartphone, dem Laptop oder dem Tablet gelesen wurde, das bleibt den Lesern frei überlassen. „Das Durchschnittsalter der Nutzer der digitalen Medien rangierte in der letzten Zeit im Bereich von etwa 40 bis 70 Jahren“, berichtet Eva Beck. Ein weiterer erfreulicher Nebeneffekt: „Die Menschen haben wieder mehr angefangen zu lesen.“ Ob das in der Zukunft so bleibt, werde sich zeigen.
Im Onleihe-Service sieht die Bücherei-Leitung vor allem Vorteile: „Niemand kann mehr eine Ausleihfrist verpassen und Mahngebühren werden vermieden. Die Lizenz läuft nach der Frist automatisch aus und auf das Medium kann nicht mehr zugegriffen werden. Außerdem hat man 365 Tage im Jahr die Möglichkeit, etwas auszuleihen.“ Der höhere Altersdurchschnitt sei erklärbar, denn: „Jüngere Menschen lesen tendenziell weniger, als die Älteren. Mit den Möglichkeiten der eBooks sparen viele das lästige Schleppen der schweren Bücher, wenn sie beispielsweise in den Urlaub fahren oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Dass wir als Stadtbüchereien im Kreis Recklinghausen schon vor einigen Jahren darauf reagiert haben, ist ein guter Schritt.“
Ebenfalls in den Räumen der Stadtbücherei stattfinden sollte auch die jährliche Schreibwerkstatt, ein Angebot im Rahmen des Kulturrucksacks. Sarah Meyer-Dietrich, die Workshop-Leiterin und Autorin aus Bochum, hatte nach Bekanntwerdung der Schließungen kurzerhand die digitale Durchführung des Workshops vorbereitet. Zehn Jugendliche im Alter von zehn bis 15 Jahren arbeiteten dann von zuhause aus unter Anleitung von Sarah Meyer-Dietrich an einer Fantasiegeschichte, deren Handlung im Spätsommer 2021 stattfindet. Mit dabei in den Geschichten sind Zeitreisende, Gestaltwandler und die ein oder andere böse Fee. Seitens der Stadt wird berichtet, wie hoch die Schreibfreude der Jugendlichen war und dass sie sich mit viel Fantasie, Kreativität und schreibstellerischem Können an die gegebenen Umstände angepasst haben.
Dank täglichen Videokonferenzen trafen sich die Jugendlichen über den digitalen Weg, um sich stetig über ihre Romanfiguren und Textinhalte auszutauschen und um die Episoden und Handlungsstränge miteinander zu verbinden. Wichtige Basisinfos wurden in Steckbriefen täglich auf einer Online-Plattform für alle Teilnehmer aktualisiert und vervollständigt, sodass jederzeit die Infos von allen Teilnehmern abgerufen werden konnten. Im Anschluss an den Workshop wurde die Geschichte als kleiner Reader gedruckt und auf den Homepages der Stadtbücherei und von jugendstil Dortmund, dem Initiator des Projekts, veröffentlicht.
Ein Team für Gladbeck
Unter dem Namen Team Gladbeck hatten sich die Stadt Gladbeck und das Deutsche Rote Kreuz zusammengetan. Über ein Kontaktformular auf der Homepage und eine Telefonleitung, die bereits Ende März freigeschaltet wurde, konnten sich Hilfesuchende und Helfer melden. „Es ist in der derzeitigen Situation, in der es schon viele Einschränkungen gibt, wichtig, das vorhandene Angebot von Helfern, die Nachfragen von betroffenen Menschen und die für die Versorgung zur Verfügung stehenden Geschäfte in einen Prozess einzubinden, der funktionsfähig aber auch nachhaltig ist, insbesondere dann, wenn die derzeitige Situation über einen längeren Zeitraum anhält“, heißt es von Seiten des Team Gladbeck. Mitte April, gut vier Wochen nach Start des Team Gladbeck, konnte die Plattform bereits mehr als 100 Freiwillige verzeichnen, die die Hilfesuchenden mit Erledigungen des täglichen Lebens, wie Einkaufen, den Hund ausführen, Rezepte aus der Apotheke abholen, sich um Post und Pakete kümmern oder Bankangelegenheiten zu tätigen, unterstützen. Hatte aufgrund der Kürze der Zeit einmal kein Freiwilliger helfen können, halfen die Mitarbeiter des DRK selbst aus. „Wir haben die Freiwilligen regelmäßig durch einen E-Mail-Verteiler über Verhaltensregeln und Hygienemaßnahmen informiert. Auch die Wertschätzung der Ehrenamtlichen ist für uns wichtig. Außerdem haben wir einen umfassenden Versicherungsschutz durch das DRK Gladbeck sichergestellt, der für die Einsätze der Freiwilligen gültig war“, bestätigt das Team Gladbeck. Beeindruckend war zudem auch der Einsatz freiwilliger Näher, die dem Team Gladbeck mehr als 200 Schutzmasken zur Verfügung stellen konnten. „Unser Angebot wird gut angenommen. Viele der Hilfesuchenden bedanken sich extra per Anruf bei uns.“
Ungewisse Zeiten
Das Land NRW hatte Mitte April die Öffnungen der Einzelhandelsgeschäfte wieder ermöglicht, auch wenn diese weiterhin unter strengen Verhaltens- und Hygieneauflagen standen. Die Kontaktsperre ist allerdings auf Anfang Mai verlängert. Wie es in den folgenden Wochen und Monaten in und mit der Stadt Gladbeck weitergehen soll, kann momentan noch niemand voraussagen. Die Pandemie hat die Stadt auf eine Probe gestellt, auf die verschiedene Institutionen sowie die Stadtverwaltung stets schnell reagieren mussten. Die Gemeinschaft und den Zusammenhalt dabei nicht aus den Augen zu verlieren, war die Aufgabe vieler Unternehmen und Institutionen in Gladbeck. Momentan öffnen Einzelhandelsgeschäfte wieder unter strengen Auflagen. Im Vordergrund stehen hier die Wahrung des Mindestabstands und die nötigen Vorsichts- und Hygieneregelungen. // jl