Foto: Katharina Boll

Weihnachtserinnerungen aus der Kindheit

Als das Weihnachtsfest noch ein Geheimnis war – Senioren erzählen vom Weihnachtsfest ihrer Kindheit

Gladbeck - Glitzernde Schaufenster, beleuchtete Straßen und Menschen, die hektisch von einem zum anderen Geschäft hetzen, sind in der heutigen Adventszeit an der Tagesordnung. War das früher eigentlich auch so? Oder hat sich Weihnachten verändert? Wie haben die Menschen früher das Fest der Liebe gefeiert? Senioren aus dem Seniorenzentrum Johannes-van-Acken-Haus erinnern sich an die Weihnachtszeit aus ihren Kindheitstagen.

Während in der Stadt so langsam die Adventsbeleuchtung angebracht wird, basteln auch im Johannes-van-Acken-Haus die Senioren Weihnachtsdekoration. Bei Kaffee und Schnittchen erzählen zwei Frauen aus ihrer Kindheit.

„Früher wurde Weihnachten mit viel Liebe gefeiert“, sagt Ursula Odening, die anderen in der Runde nicken. „Alles war so geheimnisvoll. An Heiligabend haben meine Geschwister und ich vor der Wohnstube gesessen und gewartet. Noch nicht einmal den geschmückten Weihnachtsbaum haben wir vorher gesehen.“ Ursula Odening ist mit drei Geschwistern aufgewachsen und erinnert sich gerne an die Weihnachtsfeste von früher zurück. Sie und ihre Geschwister konnten es kaum erwarten, bis sie abends in die gute Stube geholt wurden. „Das Zimmer war davor abgesperrt. Nur unsere Mutter und das Christkind durften es betreten“, erklärt die Seniorin.

Auch Inge Weiß erinnert sich an die Spannung vor dem Fest. „Wir mussten auch immer in einem anderen Zimmer warten, bis das Glöckchen läutete“, erinnert sich Inge Weiß. „Das Signal, dass man die gute Stube betreten durfte.“ Voller Spannung und Vorfreude durften sie eintreten und zum ersten Mal den festlich geschmückten Weihnachtsbaum erblicken. Rote Waxkerzen, Strohsterne und allerhand Süßes hing an den Ästen. Neben ihm der Eimer Wasser für den Notfall. Die Geschenke lagen uneingepackt auf dem Boden und die Weihnachtsteller mit Apfelsinen, Nüssen und Schokolade warteten auf ihren Plätzen. „Als mein Bruder zwei Jahre war, hat er ein Schaukelpferd geschenkt bekommen. 32 Mark hat es gekostet. Viel Geld für die damalige Zeit. Da musste die ganze Familie etwas beitun“, erzählt die Seniorin. „Meine Mutter hat zudem noch für nur 95 Pfennig eine Eisenbahn gekauft und sie auf einem Stuhl aufgestellt. Als mein Bruder ins Zimmer kam, stürmte er direkt darauf zu und sagte nur ‚meine Puff Puff‘. Das Schaukelpferd hat er links liegen gelassen. Er hat geschrien, wenn er darauf gesetzt wurde.“ Die Seniorinnen lachen.
„Wir Kinder waren immer so aufgeregt, dass wir gar nicht mehr schlafen und am liebsten die ganze Nacht mit unseren neuen Geschenken spielen wollten. Doch leider mussten wir trotzdem zeitig ins Bett“, weiß Ursula Odening noch heute ganz genau. „Am nächsten Morgen sind wir direkt aufgesprungen, sind runtergerannt und haben weitergespielt.“

Ursula Odening (l.) und Inge Weiß erinnern sich gerne an vergangene Weihnachtsfeste. Foto: Katharina Boll

Die Geschenke waren damals oft selbstgemacht und -gebaut worden, etwa die Puppenstube oder der Kaufmannsladen. Eines der schönsten Geschenke war es, wenn die Puppen mit neuen Kleidern unterm Baum saßen. Aber oft erhielten die Kinder auch nur praktische Geschenke, zum Beispiel eine Mütze, neue Socken oder einen Regenschirm. „Das war für uns damals etwas ganz Besonderes, über das wir uns auch sehr gefreut haben“, betont Ursula Odening. Da kann Inge Weiß nur zustimmen. „Wir Kinder haben das ganze Jahr darauf gewartet. Zu Weihnachten wurden wir dann auch immer neu eingekleidet. Zum Nikolaus gab es Pantoffeln oder Socken. An Weihnachten dann die restlichen Anziehsachen.“

Frisch herausgeputzt ging es ganz traditionell an Heiligabend auch immer in die Kirche. Zur Frühmesse um 6 Uhr oder auch zur Christmette spät abends. „Nach der Kirche haben wir mittags gemeinsam Kuchen gegessen. Dann ist mein Opa auch gekommen und der Ofen wurde angemacht“, erinnert sich Inge Weiß noch heute. Bei Ursula Odening gab es immer ein wahres Festessen. „Meine Mutter hat Braten gemacht. Das war etwas ganz besonderes, da es das nicht jeden Tag gab. Dazu gab es Rotkohl und manchmal sogar Klöße. Auch die Rindfleischsuppe vorab gehörte zu unserem Festmahl. Am meisten haben wir Kinder uns aber auf den Pudding gefreut.“

Das Zusammensein mit der Familie war das Wichtigste, alles andere war Nebensache. Darin sind sich die Senioren einig, die am Tisch sitzen und über Weihnachten reden — über Weihnachten so, wie es früher einmal war. „Früher war nicht alles besser! Aber Weihnachten war besinnlicher und ruhiger. Die Menschen waren bescheidener und die Geschenke fielen kleiner aus“, erklärt Inge Weiß. „Weniger ist manchmal mehr.“ Schließlich ist Weihnachten das Fest der Liebe und nicht das Fest der Geschenke.

Heute leben die beiden Seniorinnen im Johannes-van-Acken-Haus und feiern hier gemeinsam mit den anderen Bewohnern und dem gesamten Pflegepersonal ihre Weihnachtsfeste. Für Ursula Odening ist es in diesem Jahr das erste Mal, dass sie zur Weihnachtszeit im Seniorenzentrum ist. Inge Weiß feiert hier bereits ihr sechstes Weihnachsfest. „Alle geben sich wirklich viel Mühe und ziehen sich festlich an. Es wird gemeinsam gesungen. Es gibt Kaffee und Torte mittags und natürlich auch ein Festmahl. Auch viele Angehörige kommen und alle feiern gemeinsam“, erzählt Inge Weiß von dem besonderen Tag im Johannes-van-Acken-Haus. „Es ist eine sehr schöne Stimmung. Aber auch emotional.“ Denn wenn gemeinsam das Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen wird, kommen dem ein oder anderen die Tränen in die Augen. kb

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