Gladbeck
Bettina Weist ist ab November die erste Bürgermeisterin der Stadt Gladbeck
Bettina Weist, Bürgermeisterin der Stadt GladbeckFoto: Privat - Stadt Gladbeck

Im Gespräch mit Gladbecks Bürgermeisterin Bettina Weist

Die Geschichte einer Vollblut-Gladbeckerin mit gradlinigen Zielen und Vorstellungen

Gladbeck -

Am 2. Mai 1968 wurde Bettina Weist in Gladbeck-Butendorf geboren, ihr Elternhaus steht immer noch. Dass ihre Eltern einmal die Eltern Gladbecks erster Bürgermeisterin sein würden, daran hat damals sicherlich niemand gedacht. In einem persönlichen Gespräch haben wir die 52-Jährige als Person, ihre Werte als Mensch und Politikerin und ihre Ziele als Bürgermeisterin kennengelernt.

Bettina Weist ist Mutter von zwei Söhnen, dem 21-jährigen Jannik und dem 18-jährigen Niclas, und verheiratet mit Stefan Weist. Ihr Abitur hat sie am Riesener Gymnasium gemacht, wo sie auch ihren jetzigen Ehemann kennenlernte. „Wir sind seit der Oberstufe zusammen“, erzählt sie lachend. Ohnehin sei sie eine treue Seele, das ziehe sich durch viele Bereiche ihres Lebens. „Mit Geburt haben meine Eltern auch eine Mitgliedschaft im VfL Gladbeck für mich abgeschlossen. Dem Verein bin ich bis heute treu“, erzählt die sportbegeisterte Bürgermeisterin weiter. Sie habe im VfL einige Sportarten ausprobiert, sei schlussendlich aber wie ihr Vater und ihre Brüder beim Handball angekommen. „Mein Vater und meine Brüder haben die Handball-Abteilung mit aufgebaut. Natürlich war ich dann aktive Spielerin, aber auch Frauenwartin und Trainerin“, berichtet sie. Als die Knochen nicht mehr so wollten wie sie, wechselte Bettina Weist den Sport. „Seit mittlerweile acht Jahren spiele ich Tennis im Tennis-Club Haus Wittringen. Dort war ich dann auch Vereinsvorsitzende. Sogar die erste weibliche Vorsitzende“, erinnert sich die engagierte Gladbeckerin erfreut. Sowieso habe sie sich immer viel ehrenamtlich engagiert, denn eine gegenseitige Hilfe für ein angenehmes Zusammenleben gehört nach wie vor zu ihren Werten. Außerdem habe sie selten um Vereinsvorsitze gebeten. „Oft kamen die Vereinskolleginnen und -kollegen auf mich zu. Das war dann auch in meiner beruflichen Laufbahn bei neuen Aufgaben oder Beförderungen so“, bemerkt sie im Gespräch.

Mittlerweile wohnt die vierköpfige Familie plus Hund Hotte in ihrem Haus in Rentfort. „Mein Mann und ich sind ein paar Mal durch die Stadtteile gezogen, aber wir haben immer in Gladbeck gewohnt. Das finde ich von daher besonders schön, dass eben auch meine Eltern und meine Brüder weiterhin hier wohnen und die Wege zur Familie kurz sind. Ich bin eben ein Familienmensch durch und durch, da könnte ich es mir nicht vorstellen, in einer anderen Stadt zu leben“, schließt sie.

Von Anfang bis Ende: Stadt Gladbeck

„Ich sagte ja, ich bin eine ganz treue Seele“, sagt Bettina Weist lachend. Denn neben ihrer treuen Vereinslinie blieb sie auch immer nur einem Arbeitgeber treu: der Stadt Gladbeck. „Ich bin auch nur für das Studium in Bochum mal aus Gladbeck rausgekommen“, fällt ihr lachend auf. Bettina Weist ist Diplom-Sozialpädagogin, aber nach dem Studium ging es für den ersten Job auch direkt wieder nach Gladbeck zurück. „Meine erste Stelle habe ich beim Jugendamt der Stadt Gladbeck angetreten. 2005 wurde ich dann die erste Kinder- und Jugendbeauftragte, danach ging es weiter zu einer anderen Stabsstelle im gleichen Bereich, dem Bündnis für Familie – Erziehung, Bildung, Zukunft. 2010, also in diesem Jahr genau vor zehn Jahren, bekam ich die Leitung des Amtes Bildung und Erziehung übertragen“, fasst sie zusammen. In den Jahren in der Gladbecker Stadtverwaltung habe sie aber auch viele Veränderungen mitbekommen. „Viele Aspekte habe ich auch selbst mit in meine Ämter gebracht, unter anderem den Jugendrat und das Bündnis für Familie, die ich bereits vor meiner Zeit als Amtsleiterin auf den Weg gebracht habe. Heute gehören auch die Jugendberufshilfe und alles rund um die Schulsozialarbeit zu den Aufgaben des Amtes für Bildung und Erziehung. “ Dazu gab es aber auch immer wieder andere Aspekte, die zusätzlich noch eingeführt, erneuert oder ausgebaut wurden. „Man kann schon sagen, dass sich Gladbeck von der klassischen Stadtverwaltung hin zu dieser modernen Verwaltung, wie wir sie jetzt haben, ordentlich entwickelt hat. Vieles davon auch durch meine Ideen“, sagt Bettina Weist.

Der Weg in die Politik

Bettina Weist ist Gladbeckerin durch und durch, von Arbeit bis Privatleben gab es für sie nie etwas anderes.
Foto: Privat - Stadt Gladbeck

2013 ist die heute 52-Jährige in die Gladbecker SPD eingetreten. „Politisch interessiert war ich immer schon und sozialdemokratisch bin ich aufgewachsen. Der Weg in die SPD war also irgendwie gar nicht so überraschend“, lacht sie erneut. Bettina Weist ist ein Mensch, der anpackt statt zu reden: „Ich bin der Meinung, dass es nicht viel hilft, wenn wir uns immer nur über Dinge beschweren. Wenn Missstände auftauchen, sollte etwas getan werden. Deswegen habe ich mich vor fast acht Jahren für den politischen Weg entschieden. Wenn uns schon die Möglichkeit hier in Gladbeck und auch in Deutschland gegeben wird, uns parteilich zu engagieren, sollten wir dieses Privileg auch nutzen.“ Darüber hinaus betont sie: „Ich habe außerdem jedes Mandat, das mir übertragen wurde, verantwortungsbewusst angenommen. Auch hier verfolge ich immer eine strikte Linie: Wenn ich eine Aufgabe annehme, dann stelle ich mir ihr auch ordentlich. Und gerade in der Kommunalpolitik, in der die Auswirkungen direkt die Bürgerinnen und Bürger betreffen, sollte eine hohe Verantwortung walten.“ Mitte des vergangenen Jahres dann wurde Bettina Weist gefragt, ob sie sich das Amt als Bürgermeisterin vorstellen könne. „Wieder kamen die Parteikolleginnen und -kollegen auf mich zu. Ich habe dann erst einmal um Bedenkzeit gebeten, denn eine solche Veränderung wollte ich erst mit meiner Familie besprechen“, berichtet sie. „Ich bin als Bürgermeisterin ja nun mal eine Person des öffentlichen Lebens in Gladbeck. Und meine Familie damit bis zu einem gewissen Grad auch. Also haben wir in Ruhe darüber gesprochen, ob diese gewisse öffentliche Bekanntheit für jeden einzelnen tragbar ist. Herauskam eben, dass sie mich dabei unterstützen“, freut sich die zweifache Mutter.

Nach der Stichwahl Ende September stand dann fest: Ab dem 1. November wird Bettina Weist als Gladbecks erste direkt gewählte Bürgermeisterin im Amt sein. Mit 62,79 Prozent der Stimmen setzte sie sich gegen den CDU-Kandidaten Dietmar Drosdzol durch, das Bürgermeisterinnenamt bleibt somit in sozialdemokratischer Hand. Ulrich Roland gibt dasZepter nach 16 Jahren im Amt weiter, antreten wollte er zur diesjährigen Wahl nicht mehr.

Verantwortung für rund 78.000 Menschen

113 Nationen sind in Gladbeck vertreten, 78.000 Menschen nennen Gladbeck ihre Heimat, mehr als 2.000 Bürgerinnen und Bürger besiedeln die Stadt pro Quadratkilometer. „Ich finde, dass Gladbeck eine liebens- und lebenswerte Stadt ist. Ich möchte nicht nur, dass das so bleibt, sondern dass die Stadt noch lebenswerter wird. Meine persönlichen Schwerpunkte für die kommenden Jahre drehen sich um die Themen Kinder und Jugend, Stadtgestaltung, Wirtschaft und Arbeit und das Zusammenleben. Viele Aspekte, die wir in der Stadtverwaltung verfolge, vereinen mehrere dieser Schwerpunkte in sich“, beginnt Bettina Weist.

In puncto Stadtgestaltung hat sie auch schon konkrete Pläne: „Gladbeck soll noch grüner und damit noch attraktiver werden. Viele wichtige Weichen hierfür wurden bereits gestellt, aber es ist noch Luft nach oben. Gladbecks Gründerväter aus der Bergbautradition haben sicherlich schon einige Dinge richtig gemacht. Aber in den vergangenen Jahren kamen halt weitere wichtige Themen wie der Klimawandel hinzu. Aufgrund der hohen Bebauungsdichte möchte ich unter anderem Flächen für urban gardening schaffen. Bürgerinnen und Bürger, die keinen eigenen Garten haben, bekommen freie Flächen in der Stadt zu Verfügung gestellt, die sie dann grün gestalten können. Sowieso möchte ich noch viel mehr Flächen identifizieren und aufwerten, die dann für Sport und Bewegung genutzt werden können.“

Darüber hinaus soll die Kultur des Radfahrens gestärkt werden: „Das erfordert noch viel Arbeit und Kreativität von uns. Aber gerade die Corona-Zeit hat gezeigt, dass die Menschen wieder mehr aufs Rad steigen – das begrüße ich persönlich sehr. Erst einmal ist es besser für die Umwelt und natürlich auch gesünder für jeden einzelnen. Deswegen muss Gladbeck attraktiver für Radfahrer werden. Vor einigen Jahren ist schon viel in eine gute Fahrradkultur investiert worden, aber zum einen ist das noch ausbaufähig und selbst diese Erneuerungen sind mittlerweile teilweise in die Jahre gekommen.  Unser Radverkehrskonzept ist schon eine gute Grundlage. Ich möchte die Menschen motivieren, das Auto stehen zu lassen. Unter anderem durch Ideen für vernünftige und sichere Fahrradständer, aber auch durch ein Leihangebot von Lastenrädern. Damit Einkäufe dann auch gut mit einem Lastenrad erledigt werden können und wollen, müssen Fahrradwege gut angebunden sein. Außerdem muss es auch ein Angebot geben, durch das die Fahrradmitnahme im öffentlichen Personennahverkehr kostenlos wird. Dann wiederum muss der ÖPNV besser angebunden sein und es muss mehr Fahrradstraßen geben – hier spielen eine Menge Dinge ineinander. Neben den Besorgungen des täglichen Lebens wäre es optimal, wenn Pendler mit dem Fahrrad bequem zur Arbeitsstelle in der Nachbarstadt kommen. Durch einen Radschnellweg nach Gelsenkirchen-Buer und -Horst wäre das möglich, das würde ich sehr begrüßen.  Aber auch eine Anbindung an den Radschnellweg 1 in Essen, der als Fahrradautobahn für das Ruhrgebiet geplant ist, soll kommen und wäre für Gladbeck wichtig.“

Gladbeck ist Klimanotstandskommune: „Vor 20 Jahren war der Klimawandel sicherlich noch nicht so aktuell wie seit einigen Jahren. Wir sind nun mal jetzt im Klimanotstand, also muss auch etwas getan werden. Hierfür stehen einige Pläne für klimaneutrale und klimaresiliente Umgestaltungen. Durch eine zu dichte und falsche Bauweise in der Stadt fehlt es an einigen Stellen an Frischluftschneisen, das wird natürlich bei künftigen Bauprojekten berücksichtigt. Unser Aushängeschild hier wird das Viktoriaquartier, das anstelle des Sparkassenturms entstehen soll. Es wird eine Vereinigung aus Gewerbe- und Wohnflächen und es wird Plätze mit großer Aufenthaltsqualität geben. Hier bewegen wir uns dann auch wieder im Bereich von Wirtschaft und Arbeit in und für Gladbeck. Darüber hinaus leiden unsere Bäume unter den starken Hitzeperioden. Blätter und Früchte werden zu schnell abgeworfen. Hier möchten wir an einigen Stellen zur Schwammstadt werden. Das heißt, dass etwas wie ein Speichernetz im Boden installiert wird, das Regenwasser speichert und es in trockenen Perioden an die Bäume abgibt. Weiter planen wir aktuell alle neuen städtischen Bauprojekte mit Dachbegrünungen und auch Photovoltaikanlagen sollen verstärkt installiert werden.“

Aufwertung im Gladbecker Süden ist geplant: „Der Sportpark Mottbruch in Brauck ist das Aushängeschild für den Gladbecker Sport. Er ist ebenfalls klimaneutral geplant und ist gleichzeitig eine Aufwertung für den Gladbecker Süden. Denn im Sinne eines guten Zusammenlebens möchte ich als Bürgermeisterin keinem Stadtteil das Gefühl geben, vergessen zu werden. Außerdem ist es ein wichtiger Aspekt für eine kinder- und jugendfreundliche Stadtgestaltung.“

Der Ausbau der B224: „Das ist für mich nicht nur wegen der Anbindung an die A52 eine große Chance zur Mobilitätswende, sondern vor allem bekommen wir hier die Möglichkeit, die Fläche drumherum frei zu gestalten. Hier können Gastronomie, Gewerbe, Wohnhäuser, Radwege und Sport- und Freizeitflächen auf 16 Hektar klimafreundlich entstehen – deswegen bin ich für diesen Ausbau.“

Eine Bürgermeisterin für alle

Als sportlich aktiver Mensch mit großem Umweltbewusstsein möchte sie unter anderem für attraktiveren Fahrradfahren in Gladbeck sorgen.
Foto: Privat - Stadt Gladbeck

Auch wenn Bettina Weist von Hause aus SPDlerin ist, betont sie: „Meine Aufgabe ist es, alle Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Ich möchte sie in wichtige Prozesse einbinden. Gleiches gilt auch für den Stadtrat, dem ich vorstehe. Dort sitzen die unterschiedlichen Parteien mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorstellungen. Meine Aufgabe als Bürgermeisterin ist es also nicht, bloß sozialdemokratische Interessen durchzusetzen, sondern das Gespräch mit allen zu suchen, damit wir immer die bestmögliche Lösung für die Gladbeckerinnen und Gladbecker finden. Dabei werde ich auch den kürzlich verabschiedeten Gladbecker Wertekonsens achten – ich selbst vertrete dabei weiter mein Profil, mit Respekt, Toleranz und Freundlichkeit die Dinge anzugehen. Ebenso möchte ich, dass man mir begegnet“, schließt Bettina Weist.

Schon Anfang des Monats ist es soweit. Dann ist sie offiziell im Amt als erste Bürgermeisterin der Stadt Gladbeck. „Ich bin gespannt, was wir in den kommenden fünf Jahren erreichen. Ich freue mich auf meine Aufgaben“, sagt sie – wie die meiste Zeit über – mit einem freundlichen Lächeln.

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Julia Liekweg

Julia Liekweg

julia.liekweg@aureus.de

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