Schermbeck
Das Schützenkönigspaar aus Erle, Ewald Grotendorst und Birgit Kuhlmann, im Interview zum Thema Schützenfestausfall im Corona-Jahr.
Auch im zweiten Corona-Jahr kein Schützenfest für Erle.Foto: Privat - Bürgerschützenverein Erle

Das Erler Schützenkönigspaar Ewald Grotendorst und Birgit Kuhlmann im Interview

Auch in Erle wird es in diesem Jahr kein Schützenfest geben – Zum zweiten Mal in Folge ist das Fest Corona-bedingt abgesagt worden

Schermbeck -

Im Gespräch mit dem Erler Schützenkönigspaar, König Ewald und seine Königin Birgit.

Könnt Ihr Euch überhaupt noch an den Tag erinnern, als klar war, dass Ihr das Schützenkönigspaar seid? War das geplant? Und habt Ihr beide das bereits vorher mal durchgesprochen.

Ewald Grotendorst: So einen Tag, auf den man so lange hingefiebert hat, wird man wohl kaum im Leben vergessen. Es waren optimale Voraussetzungen: Strahlend blauer Himmel, ein paar Schleierwolken und um die 28 Grad – so macht Vogelstange Laune! Dementsprechend war die Vogelstange an jenem Tag auch sehr gut besucht und alle waren in bester Stimmung. Gegen Ende des Schießens wurden die Anfeuerungsrufe der Zuschauer, die meinen Namen riefen, immer lauter und mein Adrenalinspiegel schoss immer weiter in die Höhe. Dann kam der erlösende, letzte Schuss. Ich drehte mich um und genoss den Anblick der jubelnden Menge.

Nach doch so einigen misslungenen Anläufen in den Vorjahren, zu behaupten, dass dieses Vorhaben nicht geplant war, würde uns wohl keiner abnehmen. Außerdem war aus der Familie Grotendorst in Erle noch niemand König, das gab über die Jahre zusätzlich Ansporn, es zu versuchen. Dennoch zeigen die gescheiterten Versuche der Vorjahre, dass man den Zeitpunkt keineswegs planen kann: Es passiert halt oder auch nicht.

Durchgesprochen wird so etwas im Vorfeld immer. Alle wussten Bescheid und haben ihre Unterstützung mit Freude zugesagt, auch die Ehrendamen und Ehrenherren. Meine Königin habe ich aber Jahr für Jahr aufs Neue wieder gefragt, ob ich den Vogel am Schützenfestmontag wieder „angreifen“ darf. Meistens habe ich sie am vorangegangenen Schützenfestsamstag oder -sonntag bei einem Bierchen an der Theke angesprochen.

 

Birgit Kuhlmann: Mir war klar, dass, wenn Ewald wieder auf den Vogel schießt der Vogel bei ihm fällt, dann ist es soweit. Auf diesen Moment warteten wir ja schon mehrere Jahre. Leider war es in der Vergangenheit nie von Erfolg gekrönt, doch der Optimismus war immer da, dass es im nächsten Jahr klappen muss. Ich stand mit meinen zukünftigen Ehrendamen und Ewalds Ehefrau an der Theke und wir zitterten mit. Plötzlich der laute Jubel und uns allen in der Runde war klar: Das muss Ewald gewesen sein. In diesem Moment war mir auch klar: Dieses Jahr wird alles anders.

Habt Ihr Euch die Regentschaft genauso – abgesehen von Corona – vorgestellt?

Ewald Grotendorst: Ich war jahrelanger aktiver Offizier und habe schon viele Königspaare am Erler Thron aus der Nähe begleitet und wusste daher ziemlich genau, was auf mich zukommt. Aber es dann selbst als König zu erleben, ist schon ein sehr beeindruckendes und tolles Gefühl. Es ist schön zu sehen, dass sich so viele Menschen mit einem freuen.

Mit dem Tag, an dem Corona dann auch in Deutschland zum Problem wurde, hat sich für uns vieles geändert und wir mussten lernen, zu verzichten: Keine Generalversammlung, keine Weinprobe, keine Vorparade und zu guter Letzt auch schon kein Schützenfest im Jahr 2020. Auch private Treffen blieben mehr oder weniger auf der Strecke. Dass sich das Ganze nun dieses Jahr noch einmal wiederholt und wir wieder nicht feiern dürfen, daran hat zu dem Zeitpunkt noch keiner geglaubt.

 

Birgit Kuhlmann: Mir war bewusst, worauf ich mich da einlasse. Jahrelang habe ich mit meinem Mann aktiv am Erler Schützenfest teilgenommen und oft schon waren wir von der Nachbarschaft oder durch Verwandtschaft auf dem Thron eingeladen. Hierbei hat man viele Abläufe und Traditionen schon miterlebt oder erzählt bekommen.

Was bedeutet diese Regentschaft im eigentlichen Jubiläumsjahr für Euch?

Schützenregentschaft im Jubiläumsjahr des Bürgerschützenvereins Erle.
Foto: Privat - Bürgerschützenverein Erle

Das Königspaar: Eine Regentschaft im Jubiläumsjahr wäre schon etwas ganz Besonderes für uns gewesen. Wir hatten uns auch schon im Vorfeld sehr gefreut haben, denn diese Gelegenheit bekommen ja nur wenige Throngemeinschaften. Das offizielle Jubiläumsjahr wäre 2020 gewesen, doch unsere Vorfreude ist durch Corona geplatzt. Da war die Schützenparty im Autokino-Format am Schützenfestsamstag nur ein kleiner Trost – obwohl diese wahrscheinlich einmalig in Deutschland war. Nun ist klar, dass uns auch die Verlegung der Jubiläumsfeierlichkeiten 2021 verwehrt bleibt. Es ist schon traurig, da keiner von uns weiß, wann wir wieder Schützenfest in altbekannter Weise feiern können.

Wie hat Euer Umfeld reagiert, was war besonders schön? Was werdet Ihr sicherlich nicht vergessen, abgesehen von Corona?

Ewald Grotendorst: Zu den emotionalsten und schönsten Momenten gehörten für mich sicherlich die ersten Minuten nach dem Königsschuss. Es war ein unbeschreiblicher Jubel und ein sehr schönes Gefühl, wie sich ganz Erle mit mir gefreut hat. Ich glaube, in dem Moment ist nicht nur mir ein Stein vom Herzen gefallen, sondern ganz Erle hat aufgeatmet, dass das Glück endlich mal auf meiner Seite war. Der Jubel und die Freude der Erler und Gäste hielten auch bei der Parade und beim Königstanz weiter an, sodass auch diese Highlights zu besonderen Momenten wurden. Ein Genuss war für mich zweifelsohne auch die Kutschfahrt durch unser schönes Dorf Erle.

 

Birgit Kuhlmann: Die erste Reaktion im Umfeld ist einfach und mit nur einem Wort zu beschreiben: Endlich! Die Nachricht verbreitete sich schnell und meine Stammtischmädels waren außer Rand und Band und freuten sich mit mir. Auch mein Wunsch, nur bei schönem Wetter Königin zu werden, um die Kutschfahrt in vollen Zügen genießen zu können, ging in Erfüllung. Ein schöner Moment war auch nach der Parade, wo uns unser Thronkellner Fabian Schwering vor dem Festzelt mit einem Glas Sekt empfing, den wir im Kreise unserer Familien genossen haben. Dies ist eine Tradition, die man früher nie wahrgenommen hat.

 Später konnten wir auf der Musikbühne stehend mit allen Erlern und Gästen das Zelt rocken, was bei den Temperaturen zwar schweißtreibend, aber dennoch ein beeindruckender Anblick war.

Was habt Ihr gemeinsam als Königspaar – und auch als Thron – im ersten und dann im zweiten Jahr unternommen oder lief gar nichts?

Das Königspaar: Zu den wichtigsten Terminen gehören natürlich die offiziellen Besuche der Schützenfeste unserer Nachbarvereine Homer und Raesfeld. Aber auch über die Einladung zum Jubiläum der Raesfelder Fanfaren und die Einladungen unseres Dirigenten der Erler Jäger, Oliver Jahnich, zu seinem Königsball bei den Dorstener Altstadtschützen und die Einladung vom Dämmerwalder König Johannes Ostermann haben wir uns sehr gefreut und diese gerne wahrgenommen. Weitere inoffizielle Termine, wie der Besuch des Üfter Klumpen-Schützenfestes, unser internes Porestavogelschießen des Vereins, ein Besuch bei der Veltins Brauerei mit Vorstand und Offizieren inklusiv Partnern wie auch unser Bergfest, was wir mit der Throngemeinschaft auf dem Raesfelder Weihnachtsmarkt gefeiert haben, rundeten das erste Jahr ab.

Im zweiten Jahr wurde es dann überschaubarer. Nach dem Thronfest im Januar kam aufgrund von Corona sehr lange gar nichts. Aus ursprünglich geplanten 4 Tagen Jubiläumsschützenfest im Juni blieb uns nur ein eingeschränkter Samstagabend mit Kranzniederlegung und Schützenparty im Autokino-Format. Im Spätsommer haben wir noch eine Vereinsfahrradtour mit anschließendem Grillen unternommen. Danach hat Corona abermals sämtliche Pläne zunichte gemacht und bis zum heutigen Tag nichts mehr erlaubt. Wirklich schade.

Was war der erste Gedanke, als Ihr gehört habt, dass es 2020 keine Schützenfeste geben wird?

Das Königspaar: Die Enttäuschung war natürlich sehr groß, aber es hatte sich ja im Vorfeld abgezeichnet. Wir haben uns damit getröstet, besser gar nicht zu feiern als unter Corona-Vorschriften mit „angezogener Handbremse“, das wollten wir auf keinen Fall. Dann lieber noch ein Jahr warten. Dass wir dann doch noch in den Genuss der Schützenparty kamen, haben wir in erster Linie Andre Wachtmeister und Johannes Gülker zu verdanken, die sich einfach mal was getraut haben. Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns alle schon auf unser Schützenfest 2021 gefreut. Keiner hätte da gedacht, dass wir auch mit dem Plan B Schiffbruch erleiden würden. Ein schwacher Trost, aber unsere Throngemeinschaft wird in der Erler Vereinschronik wohl als diejenige eingehen, die am längsten regiert hat.

Gab es was Nettes bei den befreundeten Vereinen?

Das Königspaar: Hier etwas Besonders hervorzuheben wäre müßig. Wir haben uns über jede einzelne Einladung gefreut und alle gerne wahrgenommen. Man lernt viele neue Leute kennen und wir haben viele gesellige, feucht-fröhliche Stunden erleben dürfen, die wir alle genossen haben. Ein besonderes Ereignis gibt es hier doch noch zu nennen: Das im Fünf-Jahres-Rhythmus stattfindende Treffen aller Schützenvereine der Gemeinde, bei dem die amtierenden Throngemeinschaften, aktive Vorstände und Offiziere mit ihren Partnern zusammenkommen. Organisator war dieses Mal der Allgemeine St. Johannis Bürgerschützenverein Rasesfeld, der ins Festzelt auf dem Schützenplatz in Raesfeld geladen hatte. Das war noch Mal eine richtig gute Party mit Zelt-Feeling, wie an einem Schützenfestsamstag-Abend.

Waren die Kleider für 2020 schon gekauft? Und wenn ja, habt Ihr ein Event daraus gemacht?

Ewald Grotendorst: Diese Frage richtet sich wohl mehr an die Damenwelt. Wir Männer sehen Klamotten shoppen ja eher als lästig an und schieben dies deshalb immer möglichst lange raus, von daher ist unser Kleiderschrank was das betrifft noch leer.

 

Birgit Kuhlmann: Ja, wir Mädels waren im Januar schon auf Shoppingtour. Die Kleider hängen nun im Schrank und warten auf ihren Einsatz. Wir wissen ja noch nicht, wann wir diese tragen dürfen, aber unser Ziel ist es, die Kleider ohne Hilfe eines Schneiders beim Schützenfest anziehen zu können.

Ist dieses Gefühl, das Königspaar von Erle zu sein, nach so langer Zeit noch präsent?

Das Königspaar: Ganz ehrlich: Es lässt schon ein wenig nach. Das heißt nicht, dass wir amtsmüde sind, aber man wird in Zeiten von Corona ja auch nicht gefordert und hat so gut wie keine Möglichkeiten, in Erscheinung zu treten. Da ist es schon ein Highlight, wenn man im Dorf spazieren geht und einem von der anderen Straßenseite jemand „Hallo König!“ zuruft. Gerne wird auch der Spruch genommen: „Der ewige König“. Immer wieder höre ich dann auch: „Wenn es einer verdient hat, so lange König zu sein, dann bist du es, du hast es im Vorfeld schließlich auch so lange versucht, König zu werden!“

Aber jetzt freuen wir uns auf den Schützenfestmontag, an dem wir nicht mehr König und Königin sind, denn dann wissen wir, dass Corona vorbei ist und wir alle zusammen hoffentlich unbeschwert bereits einen ausgelassenen Schützenfestsamstag und -sonntag gefeiert haben.

Wir glauben, abschließend sagen zu können, dass sich alle nichts sehnlicher zurückwünschen, als die Normalität und zu dieser Normalität gehört in Erle, einmal im Jahr für drei Tage mit Familie Schwering an der Marienthaler Straße zelten zu gehen und die Bretter unter den Füssen zu spüren. Das ist Dorfleben, das ist Schützenfest in Erle!

Text von Gaby Eggert.

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